Albrecht Dürer: Die vier Bücher von der menschlichen Proportion - Part 1
 
Bezug: Carl Huters Wissenschaften - Psycho-Physiognomik & Kallisophie


Vier Bücher von menschlicher Proportion

Hierin[n] sind begriffen vier bücher von menschlicher Proportion / durch Albrechten Dürer von Nürenberg erfunden vnd beschriben / zu nutz allen denen / so zu dieser kunst lieb tragen.
              M.D.XXViij.

Entwürfe

1. Beginn der Arbeiten für die Proportionslehre

Dann ob ich etwas anzünd, und ihr all Mehrung mit künstlicher Besserung darzu tüt, so mag mit der Zeit ein Feuer doraus geschürt werden, das durch die ganzen Welt leucht.

Item vor allen andern Dingen ist uns lieblich zu sehen ein schön menschlich Bild. Dorum will ich an der menschlichen Maß anfahen zu machen. Dornoch so mir Gott Zeit verleicht, van anderen Dingen mehr schreiben und machen. Aber ich weiß wohl, daß die Neidischen ihr Gift nit bei ihnen werden behalten. E söll mich aber nix hinderen. Dann es haben etwan die großen Mann desgeleichen müssen dulden. Wir haben mäncherlei Gestalt der Menschen, Ursach der vier Komplexen1. Aber so wir ein Bild söllen machen, und das in unseren Gewalt gschtellt würd, so soll wir das auf das allerschönest machen, so wir künnen, nach Gelegenheit der Sach, wie sich das geziemt.

Dann es ist nit ein kleine Kunst, viel unterschiedlicher Gestalt der Menschen zu machen. Die Ungestalt will sich van ihr selbs stetigs in unser Werk flechten. Ein schön Bild zu machen kannstu van einem Menschen2 nit abnehmen. Dann es lebt kein Mensch auf Erdrich, der alle Schön an ihn hab, er möcht allbeg noch viel schöner sein. Es lebt auch kein Mensch auf Erden, der beschließlich3 sprechen möcht, wie die allerschönest Gestalt des Menschen möcht sein. Niemands weiß das dann Gott allein. Die Schön zu urteilen, dovan ist zu ratschlagen4. Nach Geschicklichkeit muß man sie in ein idlich Ding bringen. Dann wir sehen in etlichen Dingen ein Ding für schön an, in eim anderen wär es nit schön. Schön und schöner ist uns nit leicht zu erkennen. Dann es ist wohl müglich, daß zwei unterschiedliche Bild gemacht werden, keins dem anderen gemäß, dicker und dünner, daß wir nit wohl urteilen künnen, welches schöner sei. Die Schönheit, was das ist, das weiß ich nit, wiewohl sie viel Dingen anhängt. Wöll wir sie in unser Werk bringen, so kummt uns das gar schwer an, müssen das weit zusammentragen, und sunderlich in der menschlichen Gschtalt durch alle Gliedmoß vorn und hinten. Man durchsucht oft zwei oder dreihundert Menschen, daß man kaum eins oder zwei schöner Ding an ihn findt, die zu brauchen sind. Dorum so tut not, wiltu ein gut Bild machen, daß du van etlichen das Haupt nehmest, van anderen die Brust, Arm, Bein, Händ und Füß, also durch alle Gliedmaß alle Art ersuchest. Dann van viel schöner Ding versammelt man etwas Guts, zu gleicher Weis wie das Hönig aus viel Blumen zusammengetragen würd. Zwischen zuviel und zuwenig ist ein recht Mittel, des fleiß dich zu treffen in all dein Werken. Etwas »schön« zu heißen, will ich hie also setzen, wie etliche »recht« gesetzt sind: also was alle Welt für recht schätz, das halten wir für recht. Also do auch, was alle Welt für schön acht, das wöllen wir auch für schön halten, und uns des fleißen zu machen.

Item die Maß, die ich beschreib, will ich nit hoch loben, wiewohl ich sie nit für die ärgest Meinung halt. Ich setz sie auch nit dorum, daß sie eben also muß sein und nit anderst. Aber durch die Mittel magstu ein besseren Weg suchen und erfinden. Dann ein idlicher soll in seinem Werk der Bessrung nochgedenken. Doch ein idlicher nehm das für gut, bis daß er mit einem Besseren wahrhaftiglich unterricht werd. Dann einer fährt der Wahrheit näher dann der ander, darnoch der Verstand höher in ihm ist und schön Perschan5 vor ihm hat, darnach er kunterfet. Ihr viel gehnt allein ihrem Wohlgefallen nach. Die irren sich. Dorum sech ein idlicher zu ihm selbs, daß ihm die Lieb nit ein blind Urteil geb. Dann einer idlichen Mutter gefällt ihr Kind wohl. Doraus kummt, daß viel Moler machen, das ihnen geleich ist. Es ist mancherlei Unterschied und Ursach der Schöne. Wer die bewährn6 kann, dem ist destmehr zu glauben. So viel der Gebrechlichkeit ausgeschlossen würd, so viel beleibt der Schöne destmehr im Werk. Keiner gelaub ihm selbs zu viel. Dann viel merken mehr dann einer. Wiewohl das auch müglich ist, daß etwan einer mehr versteht dann ander tausend, so geschicht es doch selten. Der Nütz ist ein Teil der Schanheit. Dorum was am Menschen unnütz ist, das ist nit schön. Hüt dich vor Überfluß. Die Vergleichung eins gegen dem anderen7, das ist schön. Dorum Hinken ist nit schön. Es ist auch im Ungleichen ein große Vergleichung. Van den Dingen werden ihr noch viel geschrieben. Dann ich versiech mich, es werd noch herfürkummen mäncher trefflicher Mann, die all wohl und baß van der Kunst werden schreiben und lernen dann ich eins kleinen Verstands. Wollt Gott, daß müglich wär, daß ich itz ihr gute Werk zu meiner Bessrung sehen möcht, der, die noch nit geborn sind.

Wohl tut einem ein guter Rot in eim Werk, das do gut soll werden. Dorum wer do Rat in den Künsten will nehmen, der nehm in van einem, der solcher Ding hochverständig sei und das mit der Hand anzeig. Idoch das mag ein idlicher tan und ist gut: So du ein Werk deines Gefallens gemacht hast, so stell das für grob unverständig Leut, laß sie darüber urteilen, dann sie ersehen gewahnlich das Allerungeschicktest, wiewöhl sie das Gut nit verstehn. Finstu dann, daß sie ein Wahrheit sagen, so magstu dein Werk besseren.

Solcher Ding wärn noch viel zu schreiben. Aber um Kürz willen unterlaß ichs und will eintreten in das Werk zu machen die äußer Gestalt, Mann und Weib.



Zu Einführung und Bericht der nachfolgeten Messung der Menschen will ich anzeigen einer schlechten Meinung auf das kürzest, so es ahn Abbruch erleiden mag. Dann alle Teil benenn ich mit Zahlen, etlich mit Buchstaben, wie das die Notdorft erheischen würd, dordurch du sölchs zu deinem Werk dest verständlicher brauchen mügst.

[Zeichnung des Teilers]

Erstlich so du ein Bild zu machen hast fürgenummen, magstu dich der Meinung geleichen brauchen. Nimm ein Richtscheit, oder was dir darzu gelegen ist. Dorauf stich die Läng des Bildes mit zweien Punkten, welcher Anfang a und End b ist, und zeuch ein gerade Lini darzwischen. Und so oft ich dir nachmals van a b sag, so versteh allbeg die Läng des ganzen Bilds, das do begriffen würd zwischen a b.

Nachfolget teil gar eigentlich die gedacht Linie a b mit Punkten van 2 bis auf 50 oder mehr, so viel dir füglich ist. Dieselben Punkten benenn und verzeichen ein idlichen mit seinem teibaren8 Zahlen also 1/2 1/3 1/4 1/5 1/6 1/50 als viel du denn Teil geteilt hast. Und wo ich dir nachfolget würd sagen, das Glied des Manns oder Weibs sei eins sölchen Teils lang oder breit, so versteh allbegen denselben also geteilten Teil aus der Läng a b. Ditz behalt für ein gemeine Lehr und Grund meines ganzen Fürnehmens.

Dobei begibt sich auch oft aus Unmüglichkeit eins unbenenntbaren Teils in a b zween oder mehr gleiche oder ungeleiche Teil etwan beiderlei zusammengesetzt werden, als 1/12 und 1/16 und 1/20, oder 1/8 und 2/24. Ich setze auch zuzeiten van Nähe und Kürz wegen ein oder mehr Teil van einem herabgeteilten Teil in a b, als 1/3 van 1/10 und desgeleichen. Du magst auch das alles verkehrn und änderen in so viel und mäncherlei Weis und Weg, so viel es dir zu brauchen dienstlich würd. Dir würd auch vergünnt ein idlichen Teil in a b noch weiter abzuteilen. Auch dies Nochgeschrieben viel genäuer zu ermessen, dann ichs hie anzeig. Dann ich will ein liederlichen kurzen Weg gehn. Idoch wie schlecht und gering der ist, würstu dannocht viel heimlichs Wunders dardurch erfinden, so dus anderst fleißig lernst zu durchsuchen. Aber wohl dobei! Wo du mit Nehmen und Geben der Maß dem Leben gemäß nit verständig bist, so würd all dein Machen vergebens, und dein Werk unlieblich erscheinen.

Aus der ersten Beschreibung folgt anfänglich das Bild zu machen bei seinem Haupt. Das magstu tan durch ein Weg, den ich dir nachmals anzeig.

Item mach ein rechte Vierung mit gleichen Winklen. Bezeichen ihre Eck mit a b c d. Und setz in sie Punkten deines Gefallens. Ich setz ihr fünf. Durch dieselben Punkten mügen aufrecht Lini gezogen werden, die man in Latein nennt perpenticulares9. Sie söllen auch Paral[le]la sein. Dorum will ich sie fürbaß nennen aufrecht Lini und die parallela Paarlini. Dann sie gehnt allbeg geleich nebeneinander, also daß sie nimmermehr vaneinander oder zusammen kummen.

Und wie du aufrecht Lini in der Vierung a b c d durch die Punkten 1 2 3 4 5 hast gezogen, also magstu auch durch dieselben Punkten mit Paarlinien in der Vierung a b c d überzwerch fahren.

Aus der itz gemachten Vierung entspringt zu machen der ander Grund. Geleich neben der Vierung a b c d setz eine andre Vierung van gleichen Winklen. Zeichen ihre Eck 1 2 3 4. Doch so hoch als die Vierung a b c d, aber so breit oder schmal, wie es dir gefällt. Nachmals laß die Paarlini aus der Vierung a b c d aus den Punkten 1 2 3 4 5 überzwerch gehn in die Vierung 1 2 3 4, so würd durch die Paarlini die Vierung 1 2 3 4 in geleicher Maß geteilt wie die Vierung a b c d.

Item setz ander Punkten deines Gefallens in die Vierung 1 2 3 4 und zeichen sie mit 6 7 8. Durch die Punkten zeuch aufrecht Paarlini zu geleicher Weis wie in der Vierung a b c d.

Item den zweien Gründen entspringt der dritt Grund. Setz ein Vierung van rechten Winklen, zeichen ihre Eck mit e f g h. Doch daß sie nit breiter sei dann die Vierung a b c d, und nit höher dann do breit ist die Vierung 1 2 3 4, und daß sie gleich steh unter der Vierung a b c d. So du nun die aufrechten Paarlini in der Vierung a b c d aus den Punkten 1 2 3 4 5 herabzeuchst durch die Vierung e f g h, so würd sie gleichförmig geteilt wie die Vierung a b c d.

Item den Diameter will ich hie nennen ein Ortschtrich. Wiss auch den Ortstrich für die längst Lini, die in einer rechten Vierung über Ort gezogen würd.

Item nachmals mußtu noch ein Mittel haben, dordurch du die aufrechten Paarlinien 6 7 8 in der Vierung 1 2 3 4 geleichförmig überzwerch in die Vierung e f g h bringst. Dem tu also. Mach ein rechten Winkelhaken van gleichen Seiten. Bezeichen ihn mit j k l. Also setz ihn, daß j l die aufrecht Lini sei. Und j k oben berzwerch nit breiter sei dann die Vierung 1 2 3 4. Und setz ihn gleich darunter. Dornoch zeuch ein Ortschtrich vam k zum l. Und zeuch die aufrechten Lini 6 7 8 aus der Vierung 1 2 3 4 unter sich herab durch den Winkelhaken auf die Lini k l oder Ortstrich. Der würd durch die aufrechten Paarlini 6 7 8 aus der Vierung 1 2 3 4 gleichförmig geteilt.

So nun die Vierung e f g h und der Wingelhok j k l nebeneinander in einer Höch gestellt werden, so du dann aus den Punkten im Ortstrich k l, die do worden sind aus den aufrechten Linien 6 7 8, überzwerch mit Paarlinien fährst durch die Vierung e f g h, so würd sie überzwerch gleichförmig geteilt, wie die Vierung 1 2 3 4 noch der Läng geteilt ist. Durch das würd van einer Figur in die ander getragen, was man will. Durch die obbeschrieben Fürgeben würd ein seitlich Ding in das Fürsichtig und Hinterwärtlich10 getragen, und durch den Winkelhaken werden gemacht die niedergedrückten Gründ11, wie dus nachmals im Machen sehen würst.

Nun heb an zu machen die ersten Perschan eines starken Manns, als obs wär der Samson oder Ercules12. Tu ihm also. Mach das Haupt in drei Vierung nebeneinander, die eins 8 Teils hoch sind. Dorin rührt der Kopf oben mit der Scheitel und unten mit dem Kinn an.

Item stell zuvörderst die Vierung des seitlichen Angesichts. Die ist überzwerch breit 2/17 Teil. Aber die Vierung des fürsichtigen und hinterwärtlichen Kopfs ist ein idliche breit eins 11 Teils. Nun nimm zum ersten für dich die Vierung des seitlichen Angesichts und zeichen ihr aufrecht Lini vorn mit ein a und hinten mit eim b. Vornen ist, do die Nasen ausgeht.

Item die oberst zwerch Lini zeichen mit eim x, und die unterst mit eim z. Nun teil a b mit sechs aufrechter Lini in sieben gleiche Felder und zeichen die Lini mit c d e f g h. Wiss, daß die Lini all Paarlini sind, aufrecht und überzwerch.

Item vam z übersich ein 11 Teil zeich ein zwerch Lini j. Nun teil j z mit zweien zwerch Linien k l in drei gleiche Feld. Vam Eck, das sich schleußt van x c, zeuch ein gerade Lini schlems in das Eck, das do schleußt a l. Wo die itz gezogen Lini die zwerch Lini j durchschneidt, doselbst ist der Wirbel der Stirn. Aber in Seiten zeucht sich die Blößen der Stirn hinauf ins Halbteil zwischen x j. Aber der Wirbel hinten auf dem Kopf würd begriffen im Mitteil zwischen xj und b h. Und van dann rundiert sich das Haupt.

Item die höchst Scheitteil rührt die Lini f an der Lini x. Van dann rundiert sich das Haupt zu beeden Wirblen voren der Stiren und hinten des Haupts untersich. Aber van dem hinteren Wirbel des Haupts rundiert sich das Haupt hintersich hinab an die Lini b auf die Lini j. Zwischen j k übertrifft die Rundung des Hinten aushin ein wenig die Lini b. Aber in b k rührt die Rundung des Haupts das Eck b k. Van dann zeucht sich die Rundung hinein abwärts aufs Halbteil k l zwischen b h. Do hat das Haupt ein besunder Einbeißen. Van dan rundert sich das Haupt wiederum hinab an den Punkten, den do schleußt h l. Der Hals endt hinten an der Lini h.

Die Blößen des Antlitz auf der Seiten, dobei das Hoor anhebt, ist im Mittel zwischen e f. Und hinten wächst das Haar hinab zum Hals bis auf die zwerch Lini, die durch den Mund geht. Item die Stirn übertritt zwiefach die schlem gezogen Lini aus dem Eck c a in das Eck a l. Zum ersten in den oberen zwei Dreiteilen zwischen j k. Dornoch im unteren Dritteil halb so weit.

Item die Nasen mit ihrer Gestalt unter der schlemen Lini, daß sie nit fürtret, werd gezogen zwischen k l. Das Nasbälle13 beleibt im unteren Vierteil zwischen k l. Und der Nasen End rührt hinten die Lini c.

Item zwischen a c und l z zeuch ein aufrechte Lini. In der Mitt zeichen die mit eim q. Die Lini rührt voren den obern Lebsen des Mundes. Aber q c teil mit zweien aufrechten Linien in drei gleiche Feld. Die vorder Lini rührt vorn den unteren Lebsen des Mundes und vorn das Kinn. Aber die ander Lini rührt die Hohlkehlen unter dem Lepsen auf dem Kinn.

Item die Gestalt des Mundes mach also. L z teil mit einer zwerch Lini in der Mitt vaneinander. Setz ein o. Nun l o teil aber in der Mitt vaneinander. Setz ein p. Die Lini o rührt ober das Kinn. Aber die Lini p geht mitten durch den Mund. Des Winkel endt hinten an der Lini c.

Item teil l p in drei gleiche Feld. Im unteren Feld würd begriffen die Dicken des oberen Lebsen. Aber die oberen zwei Feld beleiben zu der Läng der Hohlkehln unter der Nasen.

Item teil p o in der Mitt in zwei gleiche Feld. Im obern Halbteil ist die Dicken des unteren Lebsen und das ander Halbteil beleibt zu der Hohlkehlen dorunter ob dem Kinn.

Item mach das Ohr in die Vierung, die do schleußt g f und k l, also daß das klein Ohrläpplen beleib mit seiner Höch im untersten Vierteil zwischen k l im Halbteil g f gegen dem Kinnbacken. Van dann zeuch den Kinnbacken fürsich hinab auf die Lini j z zu dem Kinn.

Item der Hals ist unter dem Kinn dick ein 15 Teil.

Item die Augenbrauen werden gezogen auf der Lini k, also daß sie in der Mitt c d wohl über die Lini k steigen. Aber sie enden in dem Eck, das so schleußt d k.

Item die Augen werden gezogen im oberen Dritteil zwischen k l. Und der Augapfel rührt voren die Lini c.

Aber das hinter Eck endt im Mittel zwischen c d. Die Eck der Augen stehnt geleich in einer Höch, daß die Lini aus eim Eck in das ander gleich den Augapfel mittendurch schneidt. Der Diameter oder Ortstrich des Augapfels ist hoch eins Fünfteils van der Höch zwischen k l. Die anderen Lini zeuch, wie du das in der folgeten Figur sichst14.

Item das fürsichtig Angesicht mach nochfolget in sein andre Vierung und zeuch alle Höch der Glieder aus dem seitlichen Angesicht durch die Zwerchlini in das fürsichtig durch den vorbeschriebnen Unterricht15. Also tut nit anderst not, dann allein zu ziehen die aufrechten Linien in dem fürsichtigen Angesicht, die do geben die Breiten der Gliednüs.

Item die Vierung des fürsichtigen Angesichts stell gleich newen das seitlich Angesicht, dann die Vierung sind in einer Höch. Aber überzwerch ist sie nit mehr breit dann ein 11 Teil.

Item bezeichen die zwu Seiten der Vierung des fürsichtigen Angesichts aufrecht mit a b und teil sie mit dreien aufrechten Linien in vier gleiche Feld. Bezeichen die Lini mit c d e. Darnach teil c e mit zweien Linien in drei gleiche Feld und zeichen die Lini mit h j. Darnach teil a b mit zweien Punkten in drei gleiche Feld. Desgleichen tu e b. Nun zeuch zwu Lini auf idlicher Seiten aus den nächsten Punkten bei a und zeichen sie f g. Also würd beschlossen durch die aufrechten und überzwerch gezogenen Paarlinien alle Höch und Breiten der Glied des Angesichts. Dornoch zeuchstu di rechten Linien der Gestalt des Angesichts ordenlich dorein also:

Die Scheitel rührt oben an die zwerch Lini x, die dann durchgeht van dem seitlichen Haupt.

Die Lini d geht mitten durch die Nasen, Scheitel, Maul und Kinn.

Und oben vam d rundiert sich auf idliche Seiten hinab das Haupt auf die zwerch Lini j an die zwu Lini a b.

Van dann rundiert sich das Haupt baß hinab auf die Zwerchlini k ob den Ohren. Do zeuch ihn hinein aufs Habteil16 idlicher Seiten a f und g b.

Die Ohren zeuch zwischen k l auf idlicher Seiten zwischen den aufrechten Linien a f und g b. Aber die zwei Ohrläpplen beleiben und im Habteil zwischen a f und g b gegen dem Kinnbacken.

Unten van den Ohren aus den Ecken auf idlicher Seiten, die do schleußt die zwerch Lini l und die zwu aufrechten Lini f g, zeuch den Kinnbacken untersich in rechter Gesalt zu dem Kinn auf die Lini z.

Auf der Lini ist der Hals dick ein 16 Teil. Den zeuch förmlich übersich zu den Ohrn auf idlicher Seiten an die zw[u] Lini f g.

Auch zeuch das Kinn zwischen h k wohlgestalt in rechter Höch, und daß es zu idlicher Seiten hinten hinein ein wenig übertret die zwu aufrechten Lini h j, und rühr oben die zwerch Lini o. Aber den Mund zeuch recht also, daß die Eckle die zwu aufrechten Linien h j ein wenig übertreten.

Item die Nasen zeuch auch zwischen den zweien Linien h j in ihrer vorbeschrieben Höch, also daß die Nasbälle die zwu Lini h j anrühren. Aber das Vorder der Nasen ist breit ein Halbteil van der Weiten h j. Dorum zeuch sie mit aller Gestalt natürlich.

Item die Augen beleiben in ihrer Höch auf idlicher Seiten zwissen den aufrechten Linien c h und j e, so werden die Augbrauen ...



2. Proportionen eines starken Mannes von  Kopflängen

Jhesus Maria 1512

Ich hab in dem geirrt. Der ander ist besser. Item nachfolget ein hübsch schtark Manns Proportian.

Nimm Teil von Teilen, wie vor beschrieben ist, und mach das Haupt zum ersten.

Das ist in seiner Vierung hoch eines 8 Teils von der Manns Läng.

Mach drei Vierung nebeneinander, nebensich, fürsich und hinten17.

Die nebensich Vierung ist breit eines 8 Teils. Aber das Fürsichtig eines 11 Teils breit. Also auch das Hinterwärtig.

Item wo sich die Nasen in der Vierung hinkehrt, heißt vorn. Dargegen hinten.

Nun heb an das nebensichtig Angesicht zu machen in sein Vierung. Und teil dorein mit aufrechten Linien alle Tiefen der Glied. Und zeichen sie mit Bustaben von Gedächtnüs wegen.

Van hinten herfür ein 9 Teil im 8 Teil setz ein a. Die Lini rührt das vorder Winkele des Augs und das letzt Teil hinten des Nasbällens.

Van hinten herfür ein 10 Teil setz ein b. Die Lini rührt das äußer Augwinkele und die Eintiefung des Kinns zuunterst.

A b teil in 6 gleiche Teil und zeuch die nächsten zwu Linien bei a b herab. Zeichen sie mit c d.

Die Lini c rührt vorn den Augapfel und die Tiefen des Mundes.

Die Lini d rührt inwendig das hinter Eck im Aug.

Von vorn hintersich ein 4 Teil vom 8 Teil setz ein e. Die Lini rührt das Äußerst der Augenbrauen.

Vorn in der Vierung zwischen 8 und 9 teil zwei gleiche Teil, setz f. Die Lini rührt oben den Wirbel der Stirn und vornen den obern Lepsen des Mundes.

Mitten durch die Vierung zeuch ein Lini g. Die scheidet das Haar und die Blößen des Angesichts vaneinander.

Von der Lini a hintersich ein 11 Teil setz ein h. Die Lini rührt hinten zu unterst den Kopf, do er sich zu dem Hals rundiert.

Und der Hals ist am Kopf breit eins 15 Teils.

Van vorn hintersich ein 14 Teil setz ein l. Die Lini scheidet das Ohr von dem Kinnbacken.

Von dem b hintersich ein 11 Teil setz ein k. Die Lini rührt den Wirbel hinten auf dem Kopf.

In der Mitt zwischen h k hat der Kopf ein bsunder Eintiefung, ehedann er herab zum Hals kummt in der Höch des Nasbällens.

Von voren hintersich ein 11 Teil setz ein j. Die Lini rührt hinten das Ohr. Aber das Ohrläpple beleibt im Halbteil bei dem Kinnbacken zwischen l j. Also sind gemacht die aufrechten Linien. Zeuch nachfolget dorein die zwerch Lini, die alle Höch der Glied geben.

Von oben herab ein 4 Teil vom 8 Teil setz ein Lini m. Wo die geht durch Lini k, in demselben Punkten ist hinten der Wirbel auf dem Kopf.

Auch rührt sie auf der Lini g die Höch der Stiren auf der Seiten.

Von oben herab ein 3 van 8 Teil setz ein n. Die Lini rührt vorn den Wirbel auf der Stirn an der Lini f.

Von dem Wirbel der Stirn bis zuunterst der Vierung mach 3 gleiche Teil mit zweien Linien, gezeichnet mit o p.

Das unterst Feld teil in der Mitt vaneinander. Setz ein q. Auf derselben Lini endt hinten der Kopf an der Lini h ob dem Hals.

Zuunterst auf der Vierung endt das Kinn und rührt auch oben die Lini q.

Zwischen p q in der Mitt ist der Mund offen.

Der ober Lepfs beleibt im untern Dritteil zwischen der Nasen und Öffnung des Mundes.

Aber der unter Lepfs tritt von der Öffnung des Mundes herab aufs Halbteil gegen dem Kinn, dann er ist dicker weder der ober Lepfs.

Zwischen dem untern Lepfsen und oben des Kinns würd gezogen ein Hohlkehle geschickterweis.

Item wo l und j durch o p ein Vierung schließen, dorin ist das ganz Ohr begriffen.

Aber das unter Zipfel ist ein Vierteil des Ohrs Länge.

Zwischen o p im obern Dritteil würd das ganz Aug begriffen.

In der Mitt durch das Dritteil ein Lini gezogen. Die geht durch beede Eck der Augen.

Und der Augapfel steht in der Mitt dorauf. Sein Diameter ist ein 6 Teil von o p.

Das ober Auglid ist dick des halben Augapfels. Geht gar unter die Augbrauen. Sicht männisch18. Aber das unter Auglid ist zweimal so dick als das ober und übertritt unten sein Lini.

Die Augbrauen gehnt ein wenig über die Lini o bei der Lini d, und gehnt bei der Lini e wieder herab unter die Lini o.

Von p gegen o ein 4 Teil ist die Höch des Nasläpplens19.

Von dem Wirbel der Stirn zeuch ein gestrackte Lini heraus an die Vierung auf die Lini p. Dorauf endt die Nasen.

Diese Lini gibt die Gestalt der Stiren und Nasen.

Zwischen n und o würd die itz gezogen Lini zweimal übertreten.

In den obern zweien Dritteilen übertritt die Stirn mit ihrer Rundierung.

Und im untern Dritteil mit dem Dübel ob den Augen.

Aber die Nasen geht unter den Augbrauen mit der gestrackten Lini herab ein Dritteil zum p.

Dornach tritt sie ein wenig hinter die gestrackten Lini und geht doch unten wieder herfür zu ihrem Spitz.

Nachfolget zeuch weislich die Gestalt des Angesichts in die Vierungen.

Heb voren bei dem Wirbel der Stirn an. Zeuch die Stirn.

Dornach die Nasen und den Mund.

Der ober Lepfs rührt vorn die Lini f.

Aber der unter Lepfs tritt hinters f ein Dritteil gegen a.

Und das Kinn rührt vorn dieselb Linie.

Aber das letzt Dritteil zwischen a f rührt die Hohlkehln zwischen dem untern Lepsen und oben des Kinns.

Dornach zeuch das Kinn, Kinnbacken und Ohr.

Und heb wieder bei der Stirn an und zeuch den Kopf über sich rund hintum und ganz bis zum Hals. Wie das in der folgeten Figur ist nach der Geschrift.

Nun teil das fürsichtig Anges[ich]t mit den aufrechten Linien.

Diese Teil werden genummen aus der Breiten der Vierung des fürsichtigen Angesichts des 11 Teils. Zeuch ein Lini mitten durch die Vierung, zeichens mit eim a. Die Lini rührt den Wirbel der Stiren, geht mitten durch Nasen, Mund und Kinn.

Van der Rechten zu der Linken, und wiederum von der Linken zu der Rechten, ist idlichs ein 12 Teil. Zeichens mit b c.

Die zwu Lini scheiden die Ohrn von den Kinnbacken und das Haar neben vom Kopf, und gibt die Höch neben der Stirn b[ei] ...

Die Ohrzipfele beleiben im Halbteil ihrer Vierung bei den Kinnbacken.

Nimm 3/6 Teil vam 11 Teil, setz die in die Mitt der Vierung, zeichen ihr Linie mit d e f g.

In dem mittlern 6 Teil würd begriffen die Nasen. Und der Mund übertritt so viel e f als in dem Nebensichtigen von a zum c.

Auch übertritt das Kinn auf den Seiten so viel.

Die Nasen ist zwischen den Augen dick ein Dritteil von ihrem Inhalt.

Aber unten ist sie vornen breit ein Halbteil van ihrem Inhalt.

Die Nasbälle rühren e f.

Im Drittel der Läng hat die Nasen ein schöne Zammenschmiegung und darob ein wenig ausgeladen.

Das Rinnle unter der Nasen hat ein 6 Teil des 6 Teils vom 11 Teil. Und das Grüble im Kinn ein 5 Teil van den vorbschtimmten Teilen.

Item die Eck der Augen sind zwischen d e und f g begriffen. Zwischen b d und g c auf beeden Seiten enden die Augbrauen. Am Dritteil gegen b c setz h i.

Der Hals ist breit ein 16 Teil. Setz k l.

Nun zeuch alle Lini des fürsichtigen Angesichts noch Ordnung, wie du das in der Figür mit Ziffern und Bustaben gezeichnet sichst. Darnach du dich gar eigentlich richten magst.

Nach dem fürsichtigen Angesicht zeuch all äußer Lini des hinterwärtigen Kopfs. Und zeuch dornach dorein die andern Inhalt.

Den Grund mit dem niedergedrückten Angesicht mach durch die Parallel des nebensichtigen und fürsichtigen Angesichts, wie das vor beschrieben ist.

Nun mach nochfolget auf drei Lini nebeneinander den Korpus des Monnes also: auf der ersten nebensich, auf der andern für sich, und auf der dritten hinterwärtlich.

Den Kopf setz an sein Statt am 8 Teil. Und teil alle Höch der Glied mit zwerch Linien über die drei aufrechten Linien durchaus.

Vom Höch[s]ten des Haupts bis unter die Gurgel ist ein 7 Teil. Vom Höchsten des Haupts bis ins Halsgrüble ist ein 6 Teil.

Vom Höchsten des Haupts bis unter die Üchsen auf dem Rücken ist ein 4 Teil.

Vom Höchsten des Haupts bis in die Weichen ist ein 3 Teil.

Von untenauf ist der Mann gespalten halb seiner Läng.

Van dem Halsgrüble bis auf die Wärzel der Brüst ist ein 11 Teil. Vom Halsgrüble bis vorn unter die Üchsen ist ein 14 Teil.

Vom Üchsen übersich ein 13 Teil erhöcht sich die Achsel.

Unteren Halsgrüble ein 9 Teil enden die Brüst.

Van dem Halsgrüble bis in Nabel ist ein 5 Teil.

Von der Hüft bis zu End des Ars ist ein 11 Teil.

Von der Weich untersich, do der Bauch endt, ist ein 8 Teil.

Vom Nabel bis auf den Schwanz ist ein 9 Teil. Von der Sohln bis zu Höchst des Ristes ist ein 20 Teil.

Zwischen Rist und dem Halsgrüble werden drei gleiche Teil mit zweien Linien gezogen.

Die erst Lini geht durch die Hüft. Die ander durch die Knie.

Ob der Lini des Knies ein 28 Teil.

Auch unter Mitteil des Knies ein 28 Teil würd die Gestalt geben dem ganzen Knie.

Außen am Bein vom Mitteil des Knies herab ein 8 Teil endt der Waden.

Aber innen am Bein unter dem Knie, vom 28 Teil herab, endt der inner Waden ein 9 Teil.

Das Bein ob dem Knie, inwendig von der Mitt des Manns herab ein 10 Teil, hat es ein besunder Eintiefung.

Von unten auf den Ars ein 11 Teil endt die Zwiesel im Ars. Nachfolget mach die Läng de[s] Arms.

Van der Höch des Halsgrüblens bis in Ellbogen ist ein 5 Teil. Mitten in dem 5 Teil endt sich das ballet20 Fleisch der Achsel abher.

Vom Ellbogen bis zu End der Finger ist ein 4 Teil.

Die Hand van vorn hinter sich ist ein 11 Teil.

Die Hand teil in 3 gleiche Teil. Im mittlern ist die Läng des Dau[m]ens.

Vom Ellbogen herfür ein 11 Teil endt das Fleisch außen am Arm. Also hastu die Läng der Glieder van dem Mann. Nun teil fürbaß die Dicken und Breiten des Manns und heb an an dem seitlichen Bild auf allen itz gezognen zwerch Linien. Auf der Lini des Halsgrüblens ist der Leib dick eins 13 Teil.

Über die Wärzel der Brüst ein 7 Teil.

Unter der Brüst ein 8 Teil.

In der Weichen ein 9 Teil.

Über den Nabel ein 9 Teil.

Über die Hüft ein 8 Teil.

Unter dem Bauch über den Ars ein 8 Teil.

Ob dem Schwanz über den Ars auch ein 8 Teil.

In der Mitt der Länge des Manns ein 9 Teil, von dem Schenkel an bis zu End des Ars.

Der Sche[n]kel unter dem Ars ist dick ein 10 Teil.

Aber im Mitteil herab zwischen Knie ein 11 Teil.

Auf dem Knie ein 15 Teil.

Mitten im Knie ein 17 Teil.

Unter dem Knie ein 19 Teil.

Mitten im Waden ein 15 Teil.

Zu End des Wadens ein 18 Teil.

Und unten ob dem Fuß ein 25 Teil.

Der Fuß ist lang zween 13 Teil.

Und im vordern Dritteil sind die Zehen begriffen. Nun mach die Dicken des seitlichen Arms.

In der Achsel ist er dick ein 11 Teil.

Unter der Üchsen ein 16 Teil.

Mitten in der Maus ein 18 Teil.

Im Ellbogen ein 24 Teil.

Vor dem Ellbogen ein 21 Teil.

Noch baß gegen der Hand ein 30 Teil.

Bei der Hand ein 38 Teil.

Über der Hand ein 29 Teil.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Quelle 1: Peter Lips, Hamburg.
Quelle 2: Digital Bibliothek Band 28.
Quelle 3: Volker Ritter.


Erstellt 2006. Update 12. April 2007.
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.
Bearbeitung Medical-Manager Wolfgang Timm
 
Die vier Bücher von der menschlichen Proportion