Menschenkenntnis Lehrbrief V. - Part 10
 
Hauptwerk 1904-06. Carl Huter
Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm

FORTSETZUNG

VIERTER TEIL DES LEHRSTOFFES
Die Entwicklung der Physiognomik, Phrenologie und Mimik und die verfehlten Abschließungen ihrer Begründer. Der zwingende wissenschaftliche Nachweis ihrer Zusammengehörigkeit

Die Pfadfinder der Physiognomik oder Körperformenkunde:
Le Brun, Winkelmann, Mengs, Lessing, Lavater, Camper.
Die Begründer und Ausbauer der Phrenologie oder Kopfformenkunde:
Gall, Spurzheim, Combe, Noël und Scheve.

Die Wegweiser der wissenschaftlichen Mimik und Pantomimik, der Gesichts- und Körperausdrucksbe-wegungen: Engel, Bell, Piderit, Darwin, Mantegazza, Wundt und Gratiolet.

A. Die Physiognomik oder die Körperformenkunde und die bildende Kunst


Charles Le Brun (1619-1690)
(Hinzugefügt)
Im Jahre 1667 erschien das von dem geistreichen französischen Maler le Brun herausgegebene Werk „Conferences“, das bedeutendste Werk, das nach Leonardo da Vinci und Della Porta vor Lavater im Mittelalter über Physiognomik geschrieben worden ist. Ich möchte dieses gleich hier zu Anfang erwähnen, weil ich erst nachträglich von dem Werte dieses Werkes überzeugt wurde, nachdem ich im neunten Teile des vierten Bandes Lavaters Verdienste gewürdigt hatte.

The Sunking/Der Sonnenkönig - Louis XIV.
(Hinzugefügt)
Charles Lebrun (manchmal auch Le Brun oder le Brun geschrieben) (* 24.2.1619 in Paris, Pfarrei Saint-Nicolas-des-Champs, † 12.2.1690 Paris, Pfarrei Saint.Nicolas-de-Charbonneret) war als Maler und Ornamentenzeichner einer der bedeutendsten und prägendsten Künstler des Stiles Louis XIV.

Biografie
Le Brun entstammte einer Bildhauerfamilie, die wahrscheinlich schottischen Ursprungs war. Sein Vater Nicolas Lebrun (gestorben 1648) unterrichtete seinen Sohn in den Grundlagen der Bildhauerei und des Zeichnens. Charles wendete sich wie seine Brüder Nicolas (1615-1660) und Gabriel (1625-1660) jedoch nicht dem väterlichen Berufe zu, sondern der Malerei, in der er einiges Talent zeigte. Eine Federzeichnung des 13-jährigen, die Ludwig XIII. zu Pferde darstelle, machte den Kanzler Ségnier (teilweise auch Séguier) auf Le Brun aufmerksam. Ségnier erkannte das Talent des Jungen, nahm ihn bei sich auf und ließ ihm eine Ausbildung angedeihen. Dabei studierte Lebrun 1632 Malerei bei Perrier genannt der Burgunder und 1634/1637 bei Simon Vouet, bei dem er sich vor Allem an der Antikensammlung und der Sammlung italienischer Meister in Schloss Fontainebleau schulte.
Bereits 1638  war er Peintre du Roi (königlicher Maler) und erhielt erste Aufträge von Kardinal Richelieu, der von den Werken des jungen Künstlers sehr angetan war.
Sein Gönner Ségnier ermöglichte es Le Brun 1642 nach Rom zu gehen um dort bei Poussin, der ihn sehr freundlich aufnahm, zu studieren. Zusätzlich erhielt Lebrun von Ségnier eine Pension von 200 Ecus. In Rom zeichnete er besonders nach den antiken Skulpturen, widmete sich aber auch den Werken Carraccis, Raffaels und Guido Renis, die einen starken Einfluss auf Lebruns späteres Schaffen hatten. Als er 1646 nach Frankreich zurückkehrte, war er dort durch seine in die Heimat geschickten Arbeiten längt berühmt und erhielt so in der Folgezeit mannigfache Aufträge zur Ausgestaltung von Privathäusern wie etwa dem Hotel Lambert in Paris aber auch für Altar- und sonstige Kirchengemälde.
1647 heiratete er die Tochter des Hofmaleres Butay.
1648 war er Mitbegründer der Académie Royale, der er zeitlebens verbunden blieb.
Ab 1657 wurde Nicolas Fouquet, Surintendant des Finances sein Gönner und stattete ihn mit einer Rente von 12000 Livre aus. Le Brun wurde Leiter des Fouquet'schen Tapisserie-Ateliers, Tapisserie de Maincy in Maincy und begann ab 1658 mit der Ausschmückung von Fouquets Schloss Vaux-le-Vicomte, was ihn mit Louis Le Vau und André Le Nôtre bekannt machte. Mazarin führte ihn 1660 bei Hofe ein, worauf er für den König mit der Ausführung des Alexanderzyklus, einer Gemäldeserie, die Stationen aus dem Leben Alexanders des Großen darstellte, begann und für die Königin Mutter ein Gemälde für deren Andachtsraum schuf.
Mit dem gewaltsamen Sturz Fouquets durch den König 1661 wechselte das Künsterdreigestirn von Vaux-le-Vicomte geschlossen in die Dienste der Krone über und realisierte für diese gemeinsam vielfältige Projekte. In Colbert dem "Superminister" Ludwigs XIV. fand Le Brun nun einen neuen Gönner, der ihm zu einem schier kometenhaften Aufstieg verhalf: 1662 wird Lebrun in den Adelsstand erhoben und zum Premier Peintre du Roi, dem höchsten offiziellen Maleramt, ernannt. Ein Jahr darauf, 1663 wird er zum Garde général der königlichen Sammlungen berufen und erhält auf Betreiben Colberts die Direktion der Manufacture Royale des Tapisseries et Meubles de la Couronne (ein staatlicher Kunstwerkstätten- und Manufakturen "konzern", der verschiedenste Betriebe umfasste, die neben Gobelins und Möbeln auch diverse andere Kunstgegenstände produzierten), für die er zahlreiche Entwürfe machte, deren Ausführung er dann überwachte.  1666 begründet er die Außenstelle der Akademie in Rom, 1668 wird er Rektor und Kanzler der Akademie. 1677 begleitete er den König auf dessen Flandernfeldzug.
Währenddessen erfolgten zahlreiche Arbeiten in Schlösseren, so die Ausschmückung der Apollo-Galerie (ab 1661), der Spiegelgalerie (1679) und des Grand Escalier des Ambassadeurs (Große Gesandtentreppe, 1674/1678) in Versailles, die Ausschmückung von Schloss Marly (1683/1686) sowie die Dekoration von Colberts Schloss Sceaux (1670/1674).
Le Brun war auf dem Höhepunkt seiner Karriere der unangefochtene Kunstpatron - mancher meinte schon Kunstdespot - als am 6. September 1683 Colbert stirbt. Der Tod seines Gönners bereitete dem Aufstieg des Künstlers einen jähen Abbruch: Zwar wird er vom König nicht fallen gelassen, doch wendet sich die königliche Gunst nunmehr, vor Allem auf Betreiben von Louvois, dem Nachfolger Colberts, Mignard zu, der von Louvois protegiert wird.
Le Brun starb knapp einundsiebzigjährig in Paris.

Bedeutung
Kaum ein anderer Künstler hatte einen Kunststil so geprägt wie Le Brun den Stil Louis XIV. Vor allem die große Breite seines Schaffens, neben Gemälden und Innendekoration auch zahlreiche Entwürfe für Tapisserien wie etwa aus Aubusson und für sonstige Zierornamentik, ermöglichte ihm diese weitreichende Einflussnahme. Le Brun, der an den italienischen Meistern geschult war, hinterließ ein Werk, das für die folgenden Generationen französischer höfischer Kunst in seiner Stringenz und gravitätischen Würde immer wieder beispielhaft war. Gerade mit der zunehmenden Verspieltheit des Dekors im 18. Jahrhundert, besann sich die Kunstdebatte der Zeit zurück auf das Grand siècle (das "große Jahrhundert" unter Ludwig XIV.), dessen Kunstproduktion als die "wahre französische Kunst" idealisiert und als zu erstrebendes Gegenstück zum "Ornamentenschwulst" begriffen wurde. (Quelle Wikipedia. Hinzugefügt)

Freilich ist seine Arbeit nicht so umfangreich wie die von Lavater, auch hat er nicht so warm empfunden und begeisternd geschrieben, aber immerhin ist sie für die damalige Zeit eine achtenswerte Leistung. Das sagt auch Darwin in seinem Werke „Ausdruck der Gemütsbewegungen“, in dem er sich wörtlich in der Einleitung folgendermaßen äußert: „Über den körperlichen Ausdruck der Seelenbewegungen sind viele Werke geschrieben worden, aber eine noch größere Zahl über „Physiognomie“, d.h. über das Erkennen des Charakters aus dem Studium der beständigen Form der Gesichtszüge. Mit diesem letzteren Gegenstande haben wir es hier nicht zu tun*). Die älteren Abhandlungen, welche ich zu Rate gezogen habe, sind mir nur von geringem oder gar keinem Nutzen gewesen**). Die berühmten „Conferences“ des Malers*) le Brun, 1667 erschienen, sind das beste mir bekannte ältere Werk; es enthält manche gute Bemerkungen. Eine andere, aber etwas veraltete Abhandlung, nämlich der „Discours“ des bekannten holländischen Anatomen Peter Camper**) nach seinen 1774 bis 1782 gehaltenen Vorlesungen, kann kaum als eine irgendeinen merkbaren Fortschritt in der Erkenntnis des Gegenstandes bezeichnende Arbeit betrachtet werden.“

*) Man sieht hieraus, wie Darwin gar nicht darnach strebte, eine praktisch brauchbare Charakterologie in seinem Werk „Ausdruck der Gemütsbewegungen“ zu schaffen, sondern dieses sogar in einer falsch aufgefaßten vornehmen Gelehrsamkeit unterließ. Was aber hat denn alle Untersuchung über diesen Gegenstand für einen Zweck, wenn nichts praktisch Brauchbares, nämlich sichere psychologische Analysen, damit erreicht werden sollen?

**) Um so mehr hätte Darwin doch aus den Meisterwerken der bildenden Künstler Wertvolles erfahren können, z.B. aus Leonardo da Vincis Abendmahl. Diese Gabe scheint ihm wohl nicht gegeben zu sein. Reine naturbelauschte, naturkopierte Werke realistischer Richtung großer Genre-, Tier- und Porträtmaler verstand er hingegen ausgezeichnet. Er hätte meiner Ansicht nach auch mehr die Werke von Lavater, Winkelmann, Lessing, Gall, Spurzheim, Combe, Engel studieren sollen. Seine eigene Arbeit wäre dadurch reicher, umfassender und diesen Meistern gegenüber gerechter geworden.

*) Schätzenswert ist von Darwin, daß er einen Maler unumwunden als wissenschaftlichen Forscher auf diesem Gebiete anerkennt. Würden sich deutsche Naturforscher und Ärzte auch wohl zu einem ähnlich freimütigen Anerkenntnis verstehen und die Forschungen eines bildenden Künstlers als wissenschaftlich wertvoll gelten lassen? Kurz vor dem Druck lese ich, daß die medizinische Fakultät in Greifswald den Maler und Bildhauer Max Klinger in Leipzig zum Ehrendoktor ernannt hat. Das ist endlich einmal eine große befreiende Tat. Diese Auszeichnung hätten noch viele andere auch verdient.

**) Auch Peter Camper hat durch seine Forschungen der Wissenschaft einen großen Dienst erwiesen. Warum ihn Darwin unterschätzt, erklärt sich wohl aus seiner Abneigung gegen vieles, was nicht nur von Dichtern, Philosophen und Theologen, sondern auch was von Medizinern geschrieben ist. Ihm waren die Arbeiten dieser Berufsmänner meist zu rein wissenschaftlich. Darwin liebte die bildenden Künstler naturrealistischer Richtung darum so sehr, weil er in ihnen die unmittelbarsten Naturbeobachter erkannte, die seiner Natur am nächsten standen. Camper war ihm ein zu schulmäßig mathematischer Anatom.


Die Gesichtswinkellehre des holländischen Anatomen Peter Camper
Je spitzer der Winkel ist, unter welchem beide Linien zusammenstoßen, desto überwiegender ist das Tierische über das Höhergeistige.

Tafel IV. Die Gesichtswinkellehre nach Peter Camper.
Fig. I u. II. Schädel und Gesicht eines Europäers im mittleren Alter. Fig. III u. IV Schädel und Gesicht eines Europäers von hohem Alter.


Tafel IV. Die Gesichtswinkellehre nach Peter Camper.
Fig. V u. VI Schädel und Gesicht eines Negers a b c Gesichtswinkel.


Tafel IV. Die Gesichtswinkellehre nach Peter Camper.
Fig. VII. H. Schädelhöhe. L. Schädellänge, f Gesichtshöhe, p Gesichtslinie, hh deutsche Horizontale. Fig. VIII. L größte Länge, BB größte Breite, JB Jpchbeinbreite. Fig. IX. Kaukasier,

Tafel IV. Die Gesichtswinkellehre nach Peter Camper.
X. Neger, XI. Gorilla, XII. Orang.

Nach Camper durchschneidet die horizontale Grundlinie des Gesichtswinkel die obere Grenze des Gehörganges und den Nasenboden, nach Cuvier die vorderste Zahnausbruchstelle. Die Winkellinie läuft von der vorspringendsten Stirn-wölbung bis zum Ausbruch der vordersten Schneidezähne, die Grundlinie treffende.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Jedem zum Erfolg in praktischer Menschenkenntnis zu verhelfen, dazu soll dieses Lehrwerk besondere Dienste erweisen.



Erstellt 1995. Update 24. März 2007.
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung
Hauptwerk. 2. Auflage. 1929. Hrsg. Amandus Kupfer

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_XIV.#Kunst_macht_Politikhttp://de.wikipedia.org/wiki/1615http://de.wikipedia.org/wiki/1660http://de.wikipedia.org/wiki/1625http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_XIII._%28Frankreich%29http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Fontainebleauhttp://de.wikipedia.org/wiki/Armand_Jean_du_Plessis_%28Herzog_von_Richelieu%29http://de.wikipedia.org/wiki/Romhttp://de.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Poussinhttp://de.wikipedia.org/wiki/Lodovico_Carraccihttp://de.wikipedia.org/wiki/Raffaelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Guido_Renihttp://de.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Fouquethttp://de.wikipedia.org/wiki/Livrehttp://de.wikipedia.org/wiki/Tapisseriehttp://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tapisserie_de_Maincy&action=edithttp://de.wikipedia.org/wiki/Maincyhttp://de.wikipedia.org/wiki/Vaux-le-Vicomtehttp://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Le_Vauhttp://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Le_N%C3%B4trehttp://de.wikipedia.org/wiki/Jules_Mazarinhttp://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_der_Gro%C3%9Fehttp://de.wikipedia.org/wiki/Anna_von_%C3%96sterreichhttp://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Baptiste_Colberthttp://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_XIV._%28Frankreich%29http://de.wikipedia.org/wiki/Manufakturhttp://de.wikipedia.org/wiki/Gobelinhttp://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Versailleshttp://de.wikipedia.org/wiki/1683http://de.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois-Michel_Le_Tellier%2C_marquis_de_Louvoishttp://de.wikipedia.org/wiki/Aubussonshapeimage_2_link_0shapeimage_2_link_1shapeimage_2_link_2shapeimage_2_link_3shapeimage_2_link_4shapeimage_2_link_5shapeimage_2_link_6shapeimage_2_link_7shapeimage_2_link_8shapeimage_2_link_9shapeimage_2_link_10shapeimage_2_link_11shapeimage_2_link_12shapeimage_2_link_13shapeimage_2_link_14shapeimage_2_link_15shapeimage_2_link_16shapeimage_2_link_17shapeimage_2_link_18shapeimage_2_link_19shapeimage_2_link_20shapeimage_2_link_21shapeimage_2_link_22shapeimage_2_link_23shapeimage_2_link_24shapeimage_2_link_25shapeimage_2_link_26shapeimage_2_link_27shapeimage_2_link_28shapeimage_2_link_29shapeimage_2_link_30
Hauptwerk - Lehrbrief 5 (von 5)
 
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