Menschenkenntnis Lehrbrief V. 12. Teil des Lehrstoffes - Part 53
 
Hauptwerk 1904-06. Carl Huter
Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm

FORTSETZUNG

d) Das Kinn.

Das lange Kinn verrät Ausdauer, das vortretende starke Willensimpulse, das breite rücksichtslose Durch-führungskraft. Steht die Nase durch den Nasenwurzelknochen im Zusammenhange mit dem Stirnbein und der Großhirntätigkeit, so steht das Kinn im Zusammenhang mit den Hinterhauptschläfen, dem Joch- und Unterkieferbein. Der Gewaltsinn liegt in der stärksten Breitenachse, also in der elektrischen des Kleinhirns, siehe Abbildung auf Seite 186, Nr. 26. Die Spannungsreize desselben pflanzen sich über das Schläfenbein zum Jochbein einesteils und zum Unterkiefer und von da zum Kinn andernteils weiter und beeinflussen selbst die Züge der Unterlippe. Studien über verschiedenen Kinnformen und ihre Bedeutung sind in der Tafel auf Seite 214 gegeben.

Tafel  LIV. Psycho-Physiognomische Nasen-, Kinn-, Mund- u. Lippen-Studien

Nasen-Typen. A. Neue psycho-physiognomische Einteilung der Einzelteile der Nase, sowie B. zehn Nasen-Typen nach Carl Huter. I. Kindes-, II. Slavische, III. Ungarische, IV. Deutsche, V. Englische, VI. Gelehrten-, VII. Griechische, VIII. Römische, IX. Arabisch-maurische, X. Hebräisch-jüdische Nase. I, II, III unentwickelte, VIII, IX, X überentwickelte Nasen. Die ungarische Nase deutet auf ein nahe zur Reife gekommenes jugendliches Volk mit großer Zukunft. VIII. Die römische Nase deutet auf ein großes Volk mit Weltmachtstellung und einer seltenen Vergangenheit. IX. und X. deuten auf uralte Völker. I und II zeigen Nasen von Völkern, welche noch eine lange Zeit der Entwicklung vor sich haben.

Tafel  LIV. Psycho-Physiognomische Nasenstudien

Mund- und Kinn-Typen. A. Idealmensch. B. Typus der geistigen Unreife und C. des harten Daseinskampfes und der geistigen Nüchternheit (elementare Menschheit). D. Sinnender, fühlender, wollender und tatdurch-führender Bösewicht (Mephisto-Typus). E. Typus edler jugendlicher Kraft, welche trotz aller Stupidität und pessimistischen Indifferenz der elementaren Menschheit und auch trotz der stets Böses stiftenden Satans-Kanaille kraftvoll (siehe starkes Kinn und Unterlippe) alles Schlechte und alle Hindernisse siegreich überwindet, durch inneren Adel (siehe Nase) und Glauben an das Gute (siehe Herrschaft der Oberlippe). Diese edle schöpferische Jugend (E), welche immer die Natur neu schafft, folgt trotz allen Widerständen (B, C, D) dem Ideal-, dem Weisheitsmenschen (A) nach.
                
Tafel  LIV. Psycho-Physiognomische Nasen-, Kinn-, Mund- u. Lippen-Studien
                    
Tafel  LIV. Psycho-Physiognomische Nasen-, Kinn-, Mund- u. Lippen-Studien

Dadurch ist die geistige Fortentwicklung der Menschheit gesichert.


e) Das Ohr.

Über das Ohr ist nicht viel zu sagen, es muß mehr aus eigener Anschauung studiert werden. Im allgemeinen müssen wir uns hier ganz besonders vom Schönheitsgefühls leiten lassen. Menschen mit großen Ohren sind tatkräftig, mit kleinen furchtsam. Starke Ohrläppchen deuten auf eine reichliche Säftebildung, angewachsene deuten auf unangenehme Eigenheiten. Stark abstehende, sogenannte Henkelohren, deuten auf Streitlust und Anstiftung oder Ausführung von Bösem.

Sie sind allen typischen Verbrechern eigentümlich. Anliegende Ohren verraten meist Friedensliebe und Sinn für Erhaltung des Bestehenden. Mäßig abstehende schöne Ohren haben Menschen mit schöpferischer Tatkraft. Schöne Ohrmuschelbildung deutet auf gute Aufnahme der Sprache und des Gesanges; ist die Ohrrille zwischen der äußeren und inneren Ohrleiste gut ausgebildet, und tritt die innere Leiste vor der äußeren sanft zurück, und verläuft sie nach unten bis in das Ohrläppchen und nach oben stark breit konkav, dann haben wir das musikalische Ohr der großen Tonkünstler vor uns. Das Ohr spiegelt die Innenwelt des Fühlens und der Tatkraft, also auch insbesondere das Mittel- und Kleinhirn, wider. Alle großen Männer hatten ebenso charakteristische Augen, Nasen, Kinne wie auch Ohren. Alle innerlich edlen Naturen haben edle Ohrmuscheln, heilige Menschen haben eine Ohrmuschel von verborgener heiliger Schönheit. Die Verbrecher haben stets häßliche Ohren. In dem Studienkopfe auf Seite 203 sind auf den verschiedenen Gesichtsregionen die Organe verzeichnet, die mit diesen Gesichtsteilen korrespondieren*).

*) Ich bemerke hierzu, daß diese Gesichtsregionenkunde und die Korrespondenzen gewisser Gesichtsteile mit bestimmten inneren Körperorganen weder von Kuhne, noch sonst von jemand vor mir gefunden worden sind.


E. Duft und Haar.

Wie lebende Haare sich sträuben, legen, kräuseln, spannen und wölben, hängt einmal von der materiellen chemischen und physischen Beschaffenheit des Materials ab, das aber schließlich als letztes Teilprodukt aus dem Körperinnern herausgewachsen ist. Aus diesem Grunde lassen sich auch auf die chemische und physische Beschaffenheit des Trägers bestimmte Rückschlüsse machen. Man kann sich davon durch vergleichende Nachforschungen überzeugen. Jeder Schäfer und Tierkenner weiß, daß, wenn ein Tier gesund und friedlich ist, sich dessen Haar harmonisch lagert. Es ist glatt und glänzend, voll und fett, von guter Konstanz. Sobald das Tier krank wird, tritt eine völlige Veränderung in Glanz, Lage und Konstitution des Haares auf. Bei Menschen ist es ebenso. Man sehe sich Wahnsinnige, Wassersüchtige, Nervöse, Krebskranke, Schwindsüchtige an, und man wird sofort das Haar dieser Kranken von denen der Gesunden unterscheiden lernen.

Ich sah einmal zwei Locken von Schiller und von Goethe im Kestner-Museum in Hannover, und mir fiel sofort die schwindsüchtige Konstitution auf, die sich in den weichen, kalkarmen Seidenhaaren Schillers aussprach, aber auch die wunderbare große empfindende Seele war aus dieser Haarlocke Schillers erkenntlich. Das Ideale in den großen geschwungenen edlen Formen erinnerte auffallend an Schillers Handschrift, Stil und Dichtergeist. Am Goethehaar sah man kraftstrotzende Gesundheit in den festeren dickeren Formen, voller Fülle und Kraft, voller Kalk und Eisenreichtum im Blute. Aber ich sah im Goethehaar auch den einstmaligen Träger einer weit nüchterneren Denkart, als es Schiller war. Ich habe diese beiden Locken lange betrachtet, und es wurde mir immer mehr zur Gewißheit, daß sich daran bis ins Kleinste der Formen hinein der chemische, physische und geistige Zustand erkennen läßt, wenn es methodisch beobachtet wird.


Hochinteressant sind mir die Studien bei Somnambulen gewesen. Jeder bestimmte Gemütszustand wirkt bis in die Haare hinein und gibt diesen eine charakteristische Gestalt und Form. Vorzügliche Studien hierüber liefern eine Anzahl sich in meinem Museum befindende, große Originalphotographien der Traumtänzerin Madeleine*) aus Paris, die ich persönlich zu studieren im Winter 1904 in München Gelegenheit hatte. Ein Bild von ihr, welches den von Professor Magnin suggerierten Zustand des Wahnsinns darstellt, ist hier auf Seite 229 zur Abbildung gebracht. Dieses gibt den Beweis, dass intensive Gemütserregungen die Haarform ganz charakteristisch beeinflussen.

*) In dem geplanten „Physiognomischen Studien-Atlas“ werden eine ganze Anzahl dieser Madeleinbilder zur Veröffentlichung und Besprechung kommen.

Außer der physiognomischen Bedeutung der Haarform ist der Duft des Menschen ein charakteristisches Merkmal von dem eigenen Zustande des Körpers und der Seele. Ich fand, daß typische Krankheiten einen typischen Geruch verbreiten, wie die verschiedenen Formen von Irrsinn, Gicht, Rheuma, Zuckerharn, Rückenmarks-schwindsucht, Syphilis, Diphtheritis, Bleichsucht usw., ja selbst jede typische Gemütserregung, wie Trauer, Kummer, Freude, Ärger, Zorn, Haß, Neid, entwickeln im Körper ganz typische Geruchsstoffe, und ich muß es dem Physiologen Professor Jäger-Stuttgart als hohes Verdienst anrechnen, daß er auf diesem Gebiete so bahnbrechende Forschungen angestellt hat. Jedes Tier, jeder Mensch gibt nun zweierlei grundverschiedene Duftstoffe von sich. Der eine ist der Seelenduft – meiner Ansicht nach eine ätherische Zwischensubstanz, die Professor G. Jäger annähernd entdeckt hat – andernteils ist es der Stoffwechselriechstoff, oder besser gesagt, Stinkstoff, welcher sich aus den Ausdünstungen der Selbstgifte, von denen sich der Körper entladet, zusammensetzt. Sollte Jäger in diesem Punkte keine genügende Klarheit geschaffen haben, und hat er geglaubt, der Stinkstoff sei auch mit dem Duftstoff identisch, was durchaus nicht der Fall ist, so würde sich daraus der Irrtum seiner Gegner erklären, die den Seelenduftstoff Jägers bestritten haben.

Es ist ein verbreiteter Irrtum, die Stink- und die Duftstoffe für dasselbe zu halten. Durch meine Nachforschungen stieß ich auf zwei polare Stoffe, den leicht ätherischen Seelenduft, den Jäger richtig erkannte, und den schwer chemischen Stinkstoff, der dem Duftstoff völlig konträr liegt. Hierdurch wird Jägers Lehre wieder zu Ehren kommen. Auf Seite 232 habe ich die Achsen und Pole dieser Stoffe zur Darstellung gebracht.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Jedem zum Erfolg in praktischer Menschenkenntnis zu verhelfen, dazu soll dieses Lehrwerk besondere Dienste erweisen.



Erstellt 1995. Update 9. April 2007.
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung
Hauptwerk. 2. Auflage. 1929. Hrsg. Amandus Kupfer

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.
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