Leonardo Da Vinci: Abendmahl/last supper - Part 5
 
Fortsetzung

Die neue "naturwissenschaftliche" Schönheitslehre.

Durch die Zellenlehre und Physiognomik hat Huter der Schönheitslehre (Aesthetik) nicht nur eine wissenschaftliche und damit eine objektive, sondern sogar ein naturwissen-schaftliche, zeitgemäße Grundlage geben können. Eindeutig ist nunmehr biologisch und charakterologisch bewiesen worden, was bereits Plato lehrte, daß "schön" und "gut" sich gegenseitig bedingen. Es sind Korrelate. Dieser Grundsatz der Huterschen Schönheits-lehre, die er Kallisophie nannte, ist abgeleitet vom Grundgesetz des Psycho-Physiognomik und ist ein Sonderfall desselben. Die vielen allzu abstrakten, nicht genügend auf Naturbeobachtung gegründeten ästhetischen Systeme der Gegenwart und des vorigen Jahrhunderts sind viel zu steril, um das öffentliche Geistesleben genügend befruchten zu können. Während die deutsche klassische Aesthetik des 18. Jahrhunderts, die eines Winkelmann, Lessing, Schiller, Kant und Goethe ebenfalls prinzipiell diesen Standpunkt vertrat, verneinte ihn die nachklassische Aesthetik. Sie erklärt das Schöne für relativ, indem es als eine angenehme, subjektive Empfindung behandelt wird. Damit ist der Schönheitsbegriff mit dem Sympathie- und Antipathiebegriff vermengt worden. Plato lehrte bereits, daß das Angenehme nicht immer auch das Gute sei. Durch den Standpunkt der Neuesten ist jeder objektive Maßstab für die Schönheit illusorisch gemacht worden. Eine solche Anschauung muß zur Willkür in der Schönheitsbestimmung führen. Die Folgen sind auch nicht ausgeblieben. Große Meisterwerke der Kunst, wie die Laokoon-Gruppe, die auch ein Michelangelo hoch einschätzte, und der Apollo von Belvedere, werden im Gegensatz zu Goethes Zeiten als weniger schön und die Produkte moderner Schmiermalerei, ethisch minderwertige Dramen und Negermusik, als schön und als Gipfel aller Kunstleistungen angeschwärmt. Man erinnere sich der krüppel- und fratzenhaften, schlecht proportionierten Christusgestalten vieler Kirchen, die man nach dem Weltkriege errichtete. Die moderne Kunstkultur liefert einen mehr als drastischen Beweis für die Wahrheit einer Auslassung Huters: "Ohne diesen mathematischen Maßstab (der Schönheit d. Verf.) wird man stets vom guten Ende abirren", wie es übrigens immer bei kulturellen Niedergangsperioden der Fall gewesen ist. In der Häßlichkeit offenbart sich physiognomisch nie Gutes, sondern immer in der Schönheit. Die Schönheit ist daher andererseits wieder das physiognomische, sinnlich wahrnehmbare Merkzeichen des Guten. Damit ist in der Schönheit das Wertmaß für Qualitäten gefunden. Die Eigenschaft "gut" bezieht sich immer auf die Qualität, also auf etwas Unsinnliches, niemals auf eine Quantität, dagegen die Eigenschaft "schön" immer auf etwas Sinnlich-Körperliches. Darum ist es streng genommen nicht richtig, von einer "schönen Seele" statt einer "guten" zu sprechen, wie man auch nicht von einem guten oder schlechten, sondern von einem schönen oder häßlichen Körper spricht. Man erklärt auch einen Geschmack als gut und nicht als schön. Hat jemand einen guten Geschmack, so ist dies ein Zeichen, daß er für Schönes Empfindungs- und Erkenntnisvermögen besitzt. Die alten Römer definierten übrigens sehr gut die Häßlichkeit (deformitas) als das Verformte, Verunstaltete.



Figur 13: Schema einer strahlenden Zelle*)
Entnommen aus: "Die Grundlagen der Menschenkenntnis" I. Bd

Die biologische Basis der Huterschen Aesthetik bildet die Zellenlehre. Die Lebenskraft ist der Träger alles Geistigen. Sie trägt auf dem Wege der Strahlung als "positive" Lebenskraft alle inneren seelischen Zustände einer Zelle resp, eines ganzen Lebewesens nach außen an die Oberfläche (s. Abbildg. obigen Schemas einer strahlenden Zelle). Je qualitativer und edler das Empfindungsleben eines Menschen ist, desto deutlicher zeigen sich an der Peripherie nach dem Grundgesetz auch diese besseren Qualitäten, oder mit anderen Worten: desto schöner ist ein Mensch. Das Schöne ist also keine subjektive Empfindung, sondern etwas Objektives, ein Merkzeichen für hohe Qualitäten. Aesthetische Urteile sollen Werturteile sein. Nach der Kraftricht-ungsordnungslehre sind die mechanischen Naturkräfte, als Urheber der groben Physiognomie, der Lebens-kraft, als Urheberin der feingeistigen Physiognomie, zentral untergeordnet. Je mehr die Kräfte in einem Lebewesen harmonisiert sind, desto schöner ist es. Die Schönheit ist also der Ausdruck von harmonischen Kräfteverhältnissen im Innern des Körpers. Je nach dem Grade der erreichten qualitativen geistigen Kraft ist ein Körper schön. Die Schönheit ist der Gradmesser der erreichten Heiligkeit (ethischen Qualität) eines Menschen. "Je edler innerlich, desto schöner äußer-lich".

Die Geschichte lehrt: alle Edelmenschen geben sich durch Schönheit und alles Verbrechertum, d.h. Menschen mit starken Zerstörungstrieben, durch Häßlichkeit physiognomisch zu erkennen. Männern wie Raphael, Leonardo da Vinci, Plato, Dürer, Goethe, Mozart usw. wird große Schönheit nachgerühmt. Bei Homer sind die Könige, die Führer der Völker, den Unsterblichen an Schönheit in der Gestalt und Adel in der Gesinnung ähnlich. Thersites aber, der Zyniker, wird als häßlich, bucklig und spitzköpfig beschrieben. In der christlichen Kunstkultur sehen wir, entsprechend den vorwiegend ethischen Tendenzen des Christentums, in zahlreichen Motiven die vom Künstler beabsichtigte Gegenüberstellung von Gut und Böse, von Entartung und geistiger Höhe, durch Schönheit bei Christus und seinen Anhängern und durch Häßlichkeit bei den Widersachern charakterisiert. Zum Beispiel: Christus und die Pharisäer, Christus und der Versucher, Christus und Judas, Christus und seine Peiniger. Overbeck charakterisiert in einer Darstellung "Christi Einzug in Jerusalem" (Lübeck, Marienkirche) diejenigen Menschen, die ihm Hosianna zu jubeln, als schöne Menschen. Und Shakespeare beschreibt in seinem letzten und größten Drama "Der Sturm" Prospero, den Gottmenschen, begabt mit großen geistigen Fähigkeiten und hohen Tugenden, mit einem schönen Körperbau und edlen Gebärden. Caliban dagegen mit seinem sehr begrenzten Wissen, seinen primitiven Interessen und brutalen gemeinen Charakterzügen, wird durch eine häßliche tierähnliche Physiognomie gekennzeichnet.

Ich höre den Leser sich eines leisen Widerspruches erwehren und mich an Sokrates, Michelangelo, Beethoven usw. gemahnen. Darauf ist zu antworten: diese Männer waren nur zum Teil harmonisch, zum anderen Teil auch disharmonisch. Nur so weit qualitative Werte, Harmonie und Adel in einem Menschen vorhanden sind, ist er schön, und dies macht sich dementsprechend bemerkbar durch Teilschönheiten. Man sehe sich einmal die großartigen Stirnformen und Augen bei den zuletzt erwähnten Männern an, da wo das Gedankenleben sich physiognomisch kund gibt; nur wenige Menschen der Geschichte halten den Vergleich mit ihnen aus. Häßlich war Sokrates` Nase, und Beethovens Unterkiefer. Bei ihnen sind in der Jugend die abnormen Charakteranlagen stark zum Ausdruck gekommen, dagegen später ist durch intensives ethisches Streben manches überwunden worden, was dann nicht durch eine Veränderung in der groben Körperbauphysiognomie (Knochenskelettbau), sondern in der Feinheit des Hautgewebes, in der feingeistigen Physiognomie sich zu erkennen gab. Daß man also Teilschönheiten ins Auge fassen muß bei der Bewertung von Persönlichkeiten, das wolle der geschätzte Leser sich vor Augen halten. Vollendete Schönheit kann konsequenter Weise nur bei einem Gott, also einem Ideal sein.

Was einen Menschen an physiognomischen und damit seelischen Elementen vererbt worden ist, ist die Summe, der Niederschlag der Lebens- und Geisthaltung der Vorfahren. Dieses Vererbungsgesetz bezieht sich nicht nur, wie Moses lehrte, auf die Sünden, sondern auch auf die Tugenden der Vorfahren. Haben die Ahnen seelische Schätze in ihre Scheuern gesammelt, so ist der Nachkomme qualitativ (begabt, gesund, lebensbejahend). Haben sie aber verschwenderisch sich verausgabt oder sich geistig vernachlässigt, so ist die folgende Generation arm an seelischen und körperlichen Werten, wie z.B. die antisozialen Menschen (Verbrecher), die Idioten und Krüppel. Die vererbten Leibesformen sind gewissermaßen eine stabil gewordene Lebensführung. Erstere zu verändern hat aber der Mensch in der Hand. Während eines Menschenlebens kann ein von Haus aus schöner und somit seelisch reicher Mensch verkommen, wodurch er häßlicher wird, wie es z.B. Oscar Wilde in seinem Roman "Das Bildnis des Dorian Gray" schilderte. Dagegen ein gutgeführtes Leben adelt unschöne Züge, was durch die Helioda bewirkt wird. Als eines der berühmtesten Beispiele nenne ich nochmals Sokrates (Tafelbild Nr. 16).

Das ethische Streben verschönert erfahrungsgemäß den Menschen. Sehr gut hat Plato im Phaidros sich diesbezüglich ausgedrückt. Er läßt Sokrates im Gebet sprechen: "--Verleiht mit schön zu sein im Innern und laßt dann mein Aeußeres dem Innern ähnlich werden---". Man sieht, die Kritiker am Grundgesetz der Kallisophie können nicht genug beobachten,was ja mit ein Hauptübel ist, daß die physiognomischen Lehren eines Gall, Carus, Lombroso, Piderit usw. sich so langsam verbreiteten. Dies ist auch der Grund, warum andererseits Verbrecher manchmal für schön ausgegeben werden. In Wirklichkeit preist man Scheinschönheiten (Häßlichkeiten), die der ungeübte Beobachter nicht genügend unterscheiden kann von der echten Schönheit. So werden viele geborene Dirnen, d.h. gefühlskalte, ethisch indifferente Naturen, mit den zu bleichen Lokaltönen von Augen, Haar und Haut und den zu grellen, zu bleichen, schreienden Farben in der Kleidung als schön angesehen. In Wirklichkeit erkennt man an den eben erwähnten Merkmalen der Dirnen ihr abnormes Empfindungsleben. Zu diesem Punkte kann ich einen interessanten Beleg aus der Kunstgeschichte anführen. Es gilt der antike Kopf, den man als "Venus von Pergamon" bezeichnet (Original Berlin, Nationalgalerie), als eine Schönheit. Manche Kunstwissenschaftler werden nicht müde, angebliche Schönheiten an diesem Kopfe zu preisen.

Figur 14: Venus Pergamon*) 
Quelle: Krankenphysiognomik II. 1954. Hrsg. Siegfried Kupfer

*) Atlas "Physiognomik und Mimik" (Huter-Verlag).

Der geschulte Psycho-Physiognom sieht in ihm die typische Physiognomie der geborenen Dirne. Ich möchte nicht unterlassen, denselben hier wiederzugeben und zum vergleichenden Studium noch einen anderen Venuskopf, in dem sich in der Tat Seelenadel offenbart, abzubilden.

Venus Pergamon: "Das Gesicht hat den typischen unsittlichen, ordinären Ausdruck des Mundes und der Augen. Es ist der Prostituiertentypus." (Huter: Phys. u. Mimik). Der Gesamtumriß des Kopfes ist eckig (disharmonisch). Der Schädel ist niedrig (Gemütsarmut, ethische Indifferenz) im Verhältnis zur Breite zwischen den Ohren (viel Gewaltsinn). Auch der untere Hinterkopf ist, wie man sich am Original überzeugen kann, vom Ohrloch aus gemessen (starkes Triebleben), zu groß, und das Vorderhirn ist sehr klein (geringe Intelligenz). Das Haar wirkt leblos und ist formenarm (Nüchternheit). Besonders abstoßend wirkt die Region der unteren Nase und des Mundes (ekelhaftes Geschlechtsleben). Vom Künstler ist diese minderwertige seelische Eigenart sehr gut charakterisiert.

Figur 15: Venus Akropolis*)
Quelle: Krankenphysiognomik II. 1954. Hrsg. Siegfried Kupfer

*) Atlas "Physiognomik und Mimik" (Huter-Verlag).

Venus Akropolis: Der ganze Kopf ist von großem Ebenmaß, fein gerundet im Umriß, ohne Ecken. Die einzelnen Teile desselben sind gut proportioniert (große Harmonie des Seelenlebens). Die Mittelhirnregion, besonders der Nasen-Wangen-Zug, ist plastisch und gut modelliert (zartes und edles Gefühlsleben). Der schöne Mund wirkt beglückend. Das Gehirn ist groß und wunderbar aufgebaut (hohe Intelligenz) und sehr hoch (tiefes Gemütsleben). Das Haar ist formenreich (reiches Gemütsleben). Die Gesichtsteile: der Unterkiefer, das Kinn, die Wangen, Augen, sind gerundet und nicht so eckig und hart wie bei der Venus Pergamon. Dies sind Merkzeichen großer Harmonie.

Kaphammel: Goldener Schnitt. 2001
(Hinzugefügt)
Als ein weiteres mathematisches, objektives Maß für Schönheitswerte ist nach Huter das Maßverhältnis des "Goldenen Schnittes" anzusehen.

Levitating Stone
(Hinzugefügt)



Erstellt 1998. Update 24. April 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben. Kunst-Physiognomik. Peter Lips                    Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
 
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