Die vier Apostel: 2 + 1 Tafeln - Part 2          Copyright 1999-2007 Wolfgang Timm
 
Bild oben Konstruktion Volker Ritter. Die Vier Apostel 2 + 1 Tafeln. München und Lempertz

Fortsetzung

Weiter zeugen die vielen Selbstbildnisse, die Dürer mehr als ein anderer Renaissancemeister anfertigte, für sein ausdruckswissenschaftliches Bemühen.  "Das autonome Selbstbildnis im Sinne des Tafelbildnisses gab es vor ihm nicht".

Albrecht Dürer: Selbstbildnisse 1498 und 1493

3) Neu war auch, dass er seinen schön proportionierten Körper mehrere Male nackend gezeichnet hat, in einem Falle, um seinem Arzte die Diagnose zu erleichtern.3

Albrecht Dürer: Selbstbildnis als Akt um 1506. Weimar und um 1507. Bremen

H. Keherer hält es für wahrscheinlich, dass des Humanisten Nicolaus Cusas Lehren über die Selbsterkenntnis und Selbstbeobachtung Dürers Neigung zur Selbstdarstellung genährt haben. Alles Belege für seine frühen physiognomische Forschung- und Lehrtätigkeit. 

Albrecht Dürer: Selbstbildnis als Akt. Weimar um 1506. Ausschnitt

An Dürer beweist sich das Lavater-Wort: "Die Malerkunst ist Mutter und Tochter der Physiognomik". 

[Anmerkung Timm: Der wissenschaftliche Begründer der Kallisophie & Psycho-Physiognomik, Carl Huter, war selbst Maler, Werke können im Hildesheimer Raum noch heute begutachtet werden. Näheres im Werk: „Mit Pinsel und Palette“, 1911, herausgegeben von Carl Huter und Huterfreunden]

4) Bewusst wissenschaftlich betrieb der Meister Ausdruckswissenschaft, seitdem er selbständig Proportionsstudien anstellte.  Mit Proportions-Schriften ist er aber schon in seiner Lehrzeit bekannt geworden.  An einer seiner frühesten Federzeichnungen aus dem Jahre 1485, vielleicht seinem 14. Lebensjahre, lassen sich solche nachweisen.4  Als praktischer Künstler bewies er, dass er ein Meister in der Formencharakteristik war. Als eine gute Schule (Kopfstudien), galt ihm die Bildnismalerei.5 

Albrecht Dürer: Selbstbildnis als Akt. Weimar um 1506

Physiognomische Studien hat der Meister bei seinen Bildnisaufträgen gemacht: "Bist du aber so gewiss in deinem Gebrauch, den du durch lang und viel Kunterfetten erlangt hast, dass du alle Dinge auswendig weißt, wie ein jeglicher Mensch soll sein, da du niemand dazu bedarfst (als Modell, d. Verf.), so ist es soviel desto besser".  Äußerst lehrreich ist allein schon das Kapitel der Augen bei Dürers Bildnisdarstellungen: Größe, Wimpern, Lider, Brauen, Augenwinkel, Stellung und Ausdruck der Iris, die Farbe ist alles auf das Genaueste beobachtet. Die schönsten und interessantesten Augen, die er je gemalt, sind die des berühmten Selbstbildnisses zu München. (Analyta).

Albrecht Dürer: Selbstbildnis mit Raster 11:8. München. 1500
Selbstbildnis - Augen


Wer ist als Führungspersönlichkeit geeignet, wer nicht? 

Ein Meisterwerk der einfühlenden Bildniskunst ohne Modell lieferte er in der Darstellung Karls d. Grossen. Von diesem war auch zu Dürers Tagen kein Abbild überliefert, und daher dessen Habitus nur soweit bekannt als ein Bericht Zeitgenössiger bekunden.  Dürer ward 1512 vom Rate seiner Vaterstadt vor die Aufgabe gestellt, nach den Taten und Lebensbeschreibungen ein Bild dieses Kaisers zu schaffen. So wie er ihn gemalt, ist Karl d. Gr. in die Vorstellung des deutschen Volkes eingegangen.

Albrecht Dürer: Karl der Grosse. 1511
Die Stadt Nürnberg verwahrte seit 1524 die ihr von Kaiser Sigismund übergebenen Reichskleinodien. Dazu gehörten die Krönungs-gewänder, Reichsschwert und Reichskrone.  Der gute Menschenkenner Nr. 76. Amandus Kupfer. Schwaig bei Nürnberg. 1939.

Er hatte einen breiten, großen repräsentativen Körperbau. Das lange knöcherne Gesicht kündet Tatkraft und Willensenergie, Entschlossenheit und nimmer müde Ausdauer.  Die lange, tief nach unten gehende Spürnase verrät Überlegenheit, Organisationstalent, und diplomatisches Geschick. Das lange, harte, brutale Kinn mit der vor gepressten Unterlippe kennzeichnet Rücksichtslosigkeit, bis zur Grausamkeit. 

(Anmerkung Timm: Seit 1950 (Proklamation 1949) verleiht die Staat Aachen den so genannten Karlspreis. Die Liste der Preisträger, u.a. Jean Monnet (1953), Konrad Adenauer (1954), Sir Winston S. Churchill (1955), Robert Schuman (1958), George C. Marshall (1959), Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1969), Walter Scheel (1977), König Juan Carlos I. von Spanien (1982), Das Luxemburgische Volk (1986), Henry A. Kissinger (1987), Francois Mitterand und Helmut Kohl (1988), Felipe González Márquez (1993), Königin Beatrix der Niederlande (1996), Anthony (Tony) Charles Lynton Blair (1999), William Jefferson (Bill) Clinton (2000), Der Euro (2002), Valéry Giscard d`Estaing (2003). Der Ausserordentliche Karlspreis 2005 ging an Papst Johannes Paul II. Der Festakt zur Preisverleihung fand am 24. März 2004 im Apostolischen Palast zu Rom statt. Im Klartext: Alle Preisträger berufen sich auf das Disharmonische Naturell, Karl I., der Grosse. Verdanken tun wir dieses Wissen aufgrund von Albrecht Dürers Darstellung von Karl I., der Grosse in der Renaissance-Zeit. Der wissenschaftlichen Begründung von Carl Huter (1861-1912) in der Linie von Albrecht Dürers Bemühungen um den Ausbau der Kunstphysiognomik, verdanken wir präzise, also mathematisch genau, treffende Charakterisierung als Disharmonisches Tat-Naturell. Karl I., der Grosse war König des Frankenreiches ab 768, römischer Kaiser ab 800). 

Karlspreis-Medaille

Die untere Stirn ist breit, plastisch und in prägnanter Spannung: er ist ein umsichtiger, kluger Mann, der mit einem scharfen Verstande und einer durchdringenden Beobachtungsgabe ausgestattet ist, und starker Geschlechtskraft. Die Augenhöhlen sind von verschiedener Größe und von unsymmetrischen geformten Brauen überdacht. Dieses verrät Verschlagenheit.  Die Augen sind verhältnismäßig groß und zudem plastisch. Ihr Eigner ist ein Mensch von überragender Geisteskraft. Sehr voneinander abweichend ist der Ausdruck beider Augen. Das Rechte sitzt lauernd im Winkel, das Linke wirkt düster drohend. Geriet Karl d. Gr. in Zorn, so konnte er nach den Berichten seines Biographen mit seinen glühenden Augen die Leute in den Staub zwingen. Dabei sind sie weder nach oben noch nach unten gerichtet. Sie liegen waagerecht. Er ist, bekundet damit ein geistesgegenwärtiger Denker.

Diesen mit großen Geistesgaben ausgestatteten disharmonischen Tatmenschen hat Dürer also keineswegs glorifiziert, sondern ihn unbestechlich gekennzeichnet. Seine Charakteristik im Bilde stimmt überein mit den Ergebnissen moderner Geschichtsforschung.

Albrecht Dürer: Karl I., der Grosse (747-814) Ausschnitt. 1511
Text: Der gute Menschenkenner Nr.76.  Amandus Kupfer. Schwaig b. Nürnberg. 1939	

Diese Betrachtung von Dürers Bildnismalerei enthüllt, was ihn an seinen Modellen zunächst interessierte: nicht ob schön oder hässlich, sondern was objektiviert die Physiognomie für einen Lebenswillen, was offenbart diese und jene Form, Farbe, Bewegung und Geste? 

Albrecht Dürer: Karl I., der Grosse (747-814) Ausschnitt. 1511
Die Wappen zeigen den deutschen Adler und die französische Lilie

In welchem Sinne entspricht in jedem Falle das Äußere dem Inneren? Es ist der Sinn, welcher die Kunst beseelt, der psychologischen Durchdringung um Charakterisierung, wie überhaupt das Streben nach Ausdruckstiefe.

(Anmerkung Timm: In der ersten Ausgabe von „Der gute Menschenkenner“ legt Amandus Kupfer das „Führungsprinzip“ oder das aristokratische Prinzip in der Natur von Carl Huter seinen LeserInnen im Zeitungsgrossformat unmissverständlich klar. In seiner zweiten Ausgabe von „Der gute Menschenkenner“ vergleicht Amandus Kupfer Adolf Hitler mit dem disharmonischen Naturell Cromwell. Beide Ausgaben erschienen im Jahr 1932! Es folgten in den 12 Jahren 1933 bis 1945 Dunkelheit).

Der gute Menschenkenner Nr. 1 - 1932


Der gute Menschenkenner Nr. 2 - 1932


Der gute Menschenkenner Nr. 2 - 1932

Der gute Menschenkenner Nr. 2. Hrsg. Amandus Kupfer. Schwaig bei Nürnberg. 1932. In dieser wissen-schaftshistorisch einzigartigen Zeitung im Großformat beschreibt Amandus Kupfer den Engländer Cromwell mit all den Eigenschaften der Grausamkeit, der Härte, als einen Mann des Blutes usw. usw., hatte aber seine Worte so gewählt, dass er mit jedem Zug seiner Charakteristik das kennzeichnete, was er an Hitler erkannt hatte, wie sich dieser ausleben würde, zu welchen Mitteln er greifen würde, kurz, was das deutsche Volk von ihm zu erwarten habe.

Karl I. der Grosse         Cromwell 1599-1658                Adolf Hitler

„Es ist eine unverständliche Verirrung, angesichts der Fortschritte der Anatomie, Physiologie, Biologie und Psychologie, einen englischen Cromwell-Typus nach fast 300 Jahren dem deutschen Volk als verehrungswürdig und vorbildlich hinzustellen.“ Publizierter Satz im Jahr 1932 - Ausgabe Nr. 2 von Der gute Menschenkenner. Herausgeber Amandus Kupfer (1879-1952). 

20. März 2007 - 4. Jahrestag US-Angriff auf Bagdad/Irak - 55. Todestag von Amandus Kupfer

Außer Briefen, Tagebuchaufzeichnungen und Gedichten sind hierin auch der Text des Proportionswerkes nebst den Entwürfen dazu enthalten.  Die erste Auflage erschien 1893 zu Halle a.S. Die Zitate in der vorliegenden Arbeit sind soweit sie sich auf das Proportionswerk beziehen diesem Buche entnommen. Dürers Sprache hat so viele Reize, dass man sie gern im Original bringen möchte, jedoch um des leichteren Verständnisses willen ist sie, soweit es nötig schien, dem modernen Deutsch angepasst. 

Dürers schriftliche Auslassungen stammen teils aus jüngeren, teils aus späteren Jahren. In diesen Spannen hat man ihm einen Wandel in grundsätzlichen Fragen nachweisen wollen.  Bei unserer Arbeit ist hierauf weniger ängstlich Rücksicht genommen und sein Gesamtwollen ins Auge gefasst.

Die Ausarbeitung und Interpretation von Dürers theoretischem Werk und die physiognomische Deutung seiner vier Apostel wurden dem Verfasser ermöglicht durch die Voraussetzungen, die ihm die Psycho-Physiognomik des 1912 verstorbenen deutschen Forschers Carl Huter boten. Was ihm hierdurch an physiognomischen Einzelkenntnissen, wie auch systematischen Möglichkeiten und nicht zuletzt an ethisch ästethischen Einsichten vermittelt wurde, ist herausgezogen, um eine der hervorragendsten Leistungen deutsch-mittelalterlicher Forschungs- und Kunsttätigkeit in ein rechtes Licht setzen zu können. Wenn dem Leser diese Voraussetzung nicht bekannt sind, wird es ratsam sein, zuvor die im Anhang in knapper Zusammenfassung gebotenen "Prinzipien der modernen Charakterologie"[von Carl Huter] zu lesen. 


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Der Verfasser glaubt in der vorliegenden Arbeit eine derartig erschöpfende Interpretation Dürerschen Wollens gegeben zu haben, wie es bisher noch nicht geschah. Dass er einer ganzen Anzahl Autoren auf Grund ihrer Spezialstudien manche wertvolle Hinweise zu verdanken hat, soll nicht verschwiegen werden. Deren Arbeiten sind angeführt.

[Anmerkung Timm: Stand 30er Jahre letztes Jahrhundert. Auch heute sind wissenschaftliche Grundlagen Carl Huters aktuell und werden zunehmend in „Mainstream“-Wissenschaften bestätigt. Beispiel Masaru Emoto „Gedächtniskraft des Wassers“ bestätigt Carl Huters Experimentalbeweise von der „Gedächtniskraft der Materie].


Erstellt 1999. Update 21. April 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben. Albrecht Dürer und Carl Huter
 
The Gate/Das Tor