Carl Huter: Heilwissenschaft der Zukunft - Part I.12
 
Fortsetzung

Private und öffentliche Berichte über die neue Hutersche Peripherie-Diagnose(Physiognomik, Gesichts- und Körperausdruckskunde.)

Motto:
"Zeige mir, was du kannst
und ich werde dir sagen, wer du bist!"



Stenographischer Bericht aus einer Privat-Soirèe vom 30. Januar 1898.

Im Atelier des Herrn CARL STOCKMEIER hatte sich heute eine Anzahl Damen und Herren eingefunden, um sich von dem Inhaber des Sanatoriums für psycho-physiologisches Naturheilverfahren, Herrn Carl Huter hierselbst, untersuchen zu lassen. Anwesend waren: Herr Dr. med. PIDERIT. Herr Gymnasialdirektor Gebhardt, Frau von Behr, Fräulein Else Hahn, Frau Kaufmann Schlingmann, Frau Rentier Husemann, Frau Maler Stockmeier, Frau Professor Thorbecke, Herr Bildhauer Retlaff, Herr Ministerialsekretär Lahmann, Herr Maler Carl Stockmeier, Herr CARL HUTER.

Herr HUTER stellte nach der von ihm selbsts begründeten neuen Physiognomik und Psycho-Physiologie, aus dem Gesichtsausdruck, Mimik und Körperkonstitution an mehreren Personen: 1. die besonderen Charaktereigenschaften, 2. die etwa vorhandenen Krankheiten, 3. die Empfänglichkeit und Heilwirkung der verschiedenen Heilmittel auf die untersuchten Personen fest. Die Angaben des Herrn HUTER, sowie von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen sind in nachstehendem Protokoll niedergelegt.



Erste Untersuchung. Fräulein Else Hahn.

Herr HUTER kennt die Dame nur flüchtig; sie ist dreimal zur Begleitung der Fräulein Tochter der Frau v. Behr in Huters Wohnung gewesen. Herr HUTER konstatiert folgendes: Eine besondere hervortretende Charaktereigenschaft ist Treue oder Anhänglichkeit. Wenn die Dame von einem Platze geht, wo sie längere Zeit gewesen ist, so wird ihr dies stets sehr schwer werden, selbst in dem Falle, dass ihr dort etwas Unangenehmes passiert wäre. Auch ist viel Impuls vorhanden. 

Ein Volk aus der Geschichte, das sich durch sehr hohen physischen Impuls auszeichnete, waren die alten Römer. Sie gingen hinaus in die Welt, eroberten Länder und Völker, machten neue Gesetze und verbreiteten Kultur und teilweise eine bessere Zivilisation in die entferntesten Gegenden der Erde. Sie erregten sich für etwas aus sich selbst ohne äusseren Anlass, dadurch wurden sie selbst schöpferisch tätig, intelligent, aber auch eroberungssüchtig und genusslieb. 

Es gibt Menschen und Völker, die bleiben selbst bei den interessantesten Dingen indifferent. Das ist jedoch bei dieser Dame nicht der Fall. Auch diese Dame hat die Fähigkeit, aus sich selbst heraus etwas in Angriff zu nehmen. Diese Eigenschaft deckt sich nicht damit, dass ihre Besitzer auch den Mut in der Ausdauer haben, der Mut im Angriff ist hier stärker, als der Mut in der Ausdauer; auch kann die Dame aus sich selbst heraus sich lebhaft für etwas interessieren.

Gesundheitlich. Es ist Neigung zu Herzaffektionen vorhanden, wozu eine gute Eiweißernährung beigetragen hat; sie wechselt leicht die Gesichtsfarbe bei inneren Erregungen. Die Anlage zu Herzkrankheiten und Kreislaufstörungen kann jedoch durch eine entsprechende hygienische Lebensweise vollständig ungefährlich bleiben. Es ist nach der ganzen Konstitution zu schliessen, dann die Ansicht vorhanden, bei völliger Gesundung ein hohes Alter zu erreichen. Sinn für gute Nahrung stark entwickelt und zwar mehr für feste als für flüssige Nahrung. Die Dame besitzt ausdauernde Energie, nicht in einseitiger Tätigkeit wohl aber in abwechselnder Arbeit. Selbstgefühl ist trotz der hervorragenden Energie nicht sehr stark entwickelt, es liegt vielmehr im gesellschaftlichen Verkehr eine gewisse Bescheidenheit vor. Kritisch forschender Sinn und gutes Sprachtalent vorhanden. Die Lunge ist gesund. Verdauungskraft gut. Stark entwickelt sind Mitgefühl, Teilnahme, Wohlwollen und Vorstellungsgabe. Vorgelesen. Die untersuchte Dame erklärte alles für zutreffend, was auch von Frau von Behr bestätigt wurde. Durch eigenhändige Namensunterschrift bestätigt: Else Hahn.



Zweite Untersuchung. Frau von Behr.

Herr HUTER ist mit der Dame seit einiger Zeit durch die Behandlung ihrer Fräulein Tochter bekannt geworden und hat sie einmal auf ihren Gesundheitszustand untersucht. Es spricht sich hier ein besonders starkes Bewegungs-Naturell aus. Würde zum B. die Dame gezwungen sein, längere Zeit still zu sitzen, oder würde sie dauernd an einen engen Raum gefesselt, so würde ihr schwere körperliche und seelische Leiden daraus entstehen. In sehr hohem Masse ist entwickelt Wohlwollen, Mitgefühl, Teilnahme und Interesse für das Neue, auch ist ein besonders grosses Interesse für anthropologische Wissenschaften vorhanden. Der Sinn für das Menschliche ist ausserordentlich stark im Gegensatz zu dem bei manchen andern Menschen mehr vertretenen Sinn für Pflanzen und Tiere. Die Dame hat eine große Fähigkeit, Menschen zu beurteilen, und zwar aus dem innersten instinktiven Gefühl heraus, nicht durch Berechnung. Ferner ist ein gewisser Grad von Pietät und Sinn für das historische vorhanden. Die Dame weiss das Alte und Vergangene zu ehren und zu würdigen, sie knüpft harmonisch an die gegebenen Verhältnisse an und geht mit den Fortschritten der Zeit weiter. Der Sinn für das Alte und der Sinn für das Neue ist in sehr günstiger Weise vereinigt. Die Ordnungsliebe ist vortrefflich ausgebildet. Die Dame hat ein gewisses organisatorisches Talent und die Fähigkeit, planmässig etwas in Angriff zu nehmen. Zur besseren Verständigung dieser Eigenschaft möchte ich zwei Beispiele aus der Völkerpsychologie anführen.

Wenn man nach Italien kommt, so kann man beobachten, wie bei den dortigen Bewohnern die Naivität und Berechnungslosigkeit oft bei gelehrten Leuten und genialen Individuen vorhanden ist, dass man sich wundern muss; ebenfalls findet man dort häufig in der besten Gesellschaft neben hervorragenden Kunstsinn die grösste Ordnungslosigkeit vor. In schmutzigen zerrissenen Kleidern sieht man manche wohlhabende Bürgerfrau einher wandeln!

Das Gegenteil ist z.B. bei den Engländern der Fall, hier findet man überall Plan, Berechnung, Ordnung, Reinlichkeit und Überlegung, also die Eigenschaften, die sich mit den soeben erwähnten Charaktereigenschaften dieser Dame decken. Sie hat für flüssige Nahrung einen ausgesprocheneren Sinn als für feste Nahrung (im Gegensatz zu der vorher untersuchten Dame). Das Selbstgefühl ist stärker entwickelt, als bei der zuerst untersuchten Dame. Bevor sich die Dame zu etwas entschliesst, hört sie gern den Rat Anderer und lässt sich hierbei leicht von einem zum anderen bewegen, hat sie aber einmal einen festen Entschluss gefasst, dann führt sie ihn auch unbedingt aus. Der Impuls ist bei ihr nicht so stark entwickelt, wie bei der ersteren Dame, weshalb sie auch weniger aus sich selbst vorgeht, vielmehr erst gern den Rat Anderer hört. Innere Willenskraft ist sehr stark entwickelt, ebenso Beharrlichkeit für eine bestimmte Idee, Sinn für ideale Schönheit vorhanden; die Dame wird sich mehr für harmonisch schöne Formen, als für realistische Darstellung interessieren. Denk- und Vergleichsvermögen sind stärker entwickelt als das Schlussvermögen, es ist aber auch ein heller Geist vorhanden.

Die Dame ist gegenwärtig verschnupft. Die Schleimhäute der tieferen Luftwege sind geschwächt und chronisch leidend. Auch ist die äussere Lederhaut belastet, daher Anlage zu Hautkrankheiten, Scharlach, Flechte, Ausschlag u.s.w. Durch entsprechende Diät und milde Wasseranwendungen, Luft- und Lichtkuren, werden diese Übel gründlich ausgeheilt, und ist bei dem sonst so sehr gesunden Organismus eine sehr lange Lebensdauer wahrscheinlich. Vorgelesen. Ich erkläre durch Namensunterschrift alles für zutreffend. Frau von Behr.



Dritte Untersuchung. Frau Professor Thorbecke.

(Herrn HUTER völlig unbekannt, heute zum ersten Mal gesehen.) Bei dieser Dame ist viel Impuls und Energie vorhanden. Der ästhetische Sinn und ein guter Geschmack sind ausgebildet und es ist ein besonders ausgeprägter Ordnungssinn zu bemerken, in welchem eine besondere Konsequenz zu konstatieren ist. Die Denkkraft ist im Allgemeinen gut, besonders stark ist das Schlussvermögen entwickelt. Die Dame wird den Rat Anderer zwar hören, sucht aber, dank ihres Schlussvermögens, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Auffassungs- und Vorstellungsgabe sowie Formensinn sehr stark entwickelt, auch grosses Interesse für bildende Kunst vorhanden. Die Dame hat viel gedacht und viel gelesen. Ihr Gefühlsleben ist gut entwickelt, sie ist wählerisch und wägt sehr vor einem Entschluss, sie weiss im praktischen Leben sich famos durchzuschlagen, sie versteht den Menschen zu behandeln wie sie will, auch vermag sie ihn zu beeinflussen, ohne viel zu reden, und sie hat ein ausgesprochenes, stark diplomatisches Talent.

Auch ist Talent für technische Fertigkeit, Geschicklichkeit u.s.w. vorhanden. Das Gehirn hat viel gearbeitet und wird momentane Gedächtnisschwäche durch Überarbeitung konstatiert. Das geistige empfindliche Naturell ist stärker entwickelt, als das Ernährung- und Bewegungs-Naturell. Für feste Nahrung gut entwickelter Sinn vorhanden. Knochenbau ist gut. Die Empfindlichkeit wirkt bei der Dame nur auf das Gehirn, nicht auf den Körper im Allgemeinen. Leichte Schwäche der Schleimhaut der Luftwege vorhanden. Sinn für Kinderliebe sehr hoch entwickelt, und zwar siegt dieser meist über den oben konstatierten Ordnungssinn. Vorgelesen. Dass die gemachten Angaben sämtlich zutreffen, bescheinige ich durch Namensunterschrift.                                                                               

Frau Prof. Thorbecke.



Vierte Untersuchung. Frau Joh. Husemann.

(Herrn HUTER bis dahin völlig unbekannt.) Selbstgefühl und Festigkeit in hohem Masse entwickelt. Die Dame setzt unter Umständen ihren Willen rücksichtslos durch; sie hat eine ausgesprochene subjektive Eigenart in ihrem Wesen und Empfinden. Dies ist eine Eigenschaft, die man oft bei Herrschern und hochgestellten Personen antrifft. Es ist nicht leicht für die Umgebung solcher Personen, sie aus ihrer subjektiven Anschauung zu sachlich objektiven Überzeugungen zu bringen. Die Kunst des Hofmannes ist oft eine sehr schwere, es ist eine ganz andere Kunst wie die des Diplomaten. Es gehört dazu ein eigenes Talent, eine subtile Feinfühligkeit bei Innehaltung strengster zeremonieller Formen, viel Ausdauer, Klugheit und Geduld, oft auch Verstellungskunst und grosse Berechnung. Im Umgang mit der Dame muss man sich bei ihr in Gunst setzen, weil sie von ihrem eigenen Standpunkte aus urteilt. 

Ein empfindliches Naturell ist ebenfalls ausgesprochen vorhanden und wirken bei ihr etwaige Reize sowohl auf das Gehirn wie auf den Magen und sonstigen Verdauungsapparat. Die Verdauungskraft ist geschwächt und nicht in gesunder normaler Verfassung. In Krankheitsfällen würde die Dame bei einer Behandlung mit Heilgymnastik, Massage, Licht und Luftbädern und nur partiellen Wasseranwendungen gute Erfolge erzielen, auch müsste die Dame ganz besonders psychisch behandelt werden. Die Nervenkraft ist ebenfalls nicht mehr normal stark. Mässig begabt besonders im Vergleichvermögen. Phantasie, Sinn für Religion, Erbauung und Andacht vorhanden, auch weiss die Dame mit dem kirchlich Religiösen sich in Harmonie zu setzen.

Weniger scharf entwickelt ist die Beobachtungsgabe, stark entwickelt dagegen der Fleiss in einer bestimmten Tätigkeit, d.h. sie hat das Bedürfnis, in einer Arbeit, für die sie Sympathie besitzt, andauernd tätig zu sein; Ausdauer ist nicht für jede Arbeit vorhanden. Mitgefühl für Schmerz stark entwickelt, dagegen wird sie an der Freude eines Anderen weniger Anteil nehmen.

Die Verdauungsschwäche rief eine Belastung des Gehirns hervor. Die Ursache liegt also in den geschwächten Verdauungsorganen und in mangelnder Funktion der Ausscheidungsorgane. Die Hauttätigkeit ist seit Jahren fast lahm gelegt. Daher werden Kopfschmerzen die oft wiederkehrenden unangenehmen Gäste bleiben, bis die Dame eine entsprechende Kur zur Heilung ihrer Leiden durchgemacht hat. Vorgelesen. Die gemachten Angaben sind zutreffend. Frau Husemann.



Zwischenfrage seitens der Lehrerin Fräulein Hahn.

Kann man Charakterfehler verbessern, oder mangelhafte Anlagen ergänzen? Antwort des Herrn Carl Huter: Ja, innerhalb gewisser Grenzen, indem wir die vorhandenen Vorzüge weiter ausbilden und vorhandene verwandte Eigenschaften stärken, ganz besonders wirkungsvoll ist hierbei der physische und psychische Einfluss von Aussen her.

Für einen ausgeprochenen geistig oder moralisch Blödsinnigen gibt es allerdings keinen Fortschritt. Degenerierte sind eben nicht normal. Viele charakterschwache Menschen sind aber körperlich leidend und können durch Heilung dieser körperlichen Leiden günstig zur Selbstbesserung angeregt werden.



Fünfte Untersuchung. Frau Karl Stockmeyer.

(Die Bekanntschaft mit Herrn HUTER beschränkt sich darauf, dass dieser die Dame einige Male gesehen und gesprochen hat). Kinderliebe ist im hohen Masse entwickelt, ebenso Beobachtungsgabe und Formensinn. Gutes Talent zum Zeichnen und Malen vorhanden. Gutes Augenmass, weite Entfernungen abzumessen. Für weite Räumlichkeiten ein ausgesprochener Sinn vorhanden. Die Dame muss jedoch viel Fleiss anwenden, das Grosse auf die kleinen Verhältnisse zu übertragen, Miniaturarbeiten würden ihr eine ganz ausserordentliche Mühe verursachen.

Sinn für reale Kunst, das h. mehr für Wahrheit in der Kunst und weniger für das Überschwengliche. Charakteristisches Auge für bildende Kunst, Freude und Genuss an Formen und Farben, Begabung für Landschaftsmalerei. Ein Zug für Romantik,aber ohne Überschwenglichkeit, vorhanden. Sinn für feste Nahrung von Haus aus gut entwickelt, für flüssige schwächer. Die Dame besitzt eine starke psychische Energie, weniger stark ist die physische Energie, d.h. sie hat von Natur aus mehr Talent, etwas geistiges in Angriff zu nehmen und sich dafür zu interessieren; sie ist jetzt in ruhigere Bahnen gekommen. Fürsorge für ihre Angehörigen in hohem Grade ausgeprägt. Eigentumssinn stark entwickelt; es wird der Dame nicht leicht, solches Besitztum preiszugeben, woran sie mit ihren Familienmitgliedern enger verkettet ist.

Schöpferisch ökonomisches Talent nicht entwickelt, oder nur insoweit, als es sich auf die notwendige Fürsorge für die Angehörigen erstreckt. Die Dame kann sehr verschwiegen sein. Das Gehirn hat viel gearbeitet, Schwäche des Gehirns und der Schleimhäute der Luftwege war vorhanden, doch ist ziemliche Gesundung eingetreten; heute ist noch eine Verdichtung der rechten Lungenspitze zu konstatieren. Viel Bewegung in frischer Luft und poröse Kleidung ist erforderlich, um die Gesundheit zu erhalten. Das vorstehend gesagte wird sämtlich als zutreffend anerkannt. Frau Stockmeyer. Nach stenographischen Aufzeichnungen übertragen. Detmold, den 6. Februar 1898. Lahmann. Die Richtigkeit bescheinigt Detmold, 6. Februar 1898. Stockmeyer. Vorsitzender des Naturheil-Vereins.



Frage aus der Reihe der Versammelten:

Sind wir verantwortlich für das, was wir tun, da jedem doch verschiedene Anlagen mit gegeben sind? 

Antwort des Herrn Carl Huter: 

Verehrte Anwesende! 

Die Frage der Verantwortlichkeit ist viel erörtert worden, es gibt eine Partei, die will die Verantwortung des Menschen in jedem Falle unbedingt hochgehalten wissen unter Zuspitzung des höchsten moralischen Sollens zu den Pflichten und Glaubensanschauungen, die sie selbst lehrt. Diese höchst gespannte Verantwortlichkeit in Verbindung mit einseitigen, oft gezwungenen Anschauungen, ist ein verhängnisvoller Irrtum.

Aber auch die andere Partei, nach der Schule von Lombroso oder anderer Materialisten und Sozialisten, die glaubt, nur reichlicher materieller Reichtum und Genuss mache gut und einer Verantwortung des Individuums gebe es nicht, da das Individuum das Produkt seiner Verhältnisse sei, ist falsch, jedoch haben beide Gegner in manchen gegebenen Verhältnissen recht, bald die eine, bald die andere Partei; im Großen und Ganzen aber irren sie in ihren Entschlüssen und in der Verallgemeinerung ihrer Entschlüsse beide. 

Meine Ansicht geht dahin: Es gibt eine beschränkte individuelle Verantwortung, und zwar ganz nach den individuellen Anlagen der Person. Jeder Mensch muss, will er Rechte an die Geschichte, an die Heimat, an die Angehörigen, an sein Eigentum, an seine Nebenmenschen, selbst an die Tiere oder an höhere Wesen, an Götter oder Geister stellen, auch denen gegenüber Pflichten erfüllen. Ohne diese Pflichterfüllung kann auch keine Rede sein von Ansprüchen und Privatrechten. Nach meiner Ansicht soll daher Jeder sich mit seinen vorzüglichen Anlagen nützlich machen, seine Leidenschaften zügeln und sie in die Bahnen des Guten leiten und schließlich seine Schwächen ausgleichen, d.h. nach besten Kräften Selbsterziehung üben.

Wir alle, die wir körperlich und geistig normal sind, besitzen Vorzüge und Schwächen,und jeder einzelne Mensch unterscheidet sich dadurch von seinem Nebenmenschen. Wir alle aber finden auch unsere Grenzen in unserem Wollen und Können. Über diese Grenzen hinaus können wir aus uns selbst nicht kommen, dazu brauchen wir die erzieherische Mithilfe anderer vollkommenerer Personen. Es ist also Pflicht jedes Einzelnen, den Umgang besserer Menschen als wir selbst, wenigstens in unseren Schwächen sind, aufzusuchen, sei es persönlich, oder seien es deren Werke, ihre Geschichte, ihre Kunst, ihr Charakter, ihr Wissen und ihr Handeln.

Schließlich entsteht eine dritte Pflicht, dem Idealen gegenüber. So gut es übermenschliche physische Kräfte gibt, eben so gut gibt es auch übermenschlich geistige Kräfte und Wesen, an die wir glauben sollen, mag uns die reale Vorstellung solcher Wesen auch schwer fallen mit Hilfe der Kunst, der Glaubens-Phantasie, der Schönheitsphilosophie, der Liebe und der Sehnsucht, der Hoffnung nach dem ewigen unvergänglich Glücklichen, werden wir solchen Idealen näher kommen.

Kurz, das Streben in uns, neben uns und über uns zu dem Besseren, das ist der Weg, den wir zu wandeln haben, tun wir das, so erfüllen wir als Menschen unsere Pflichten nach menschlichen Kräften und Ermessen, denn: 

Die Tugend ist kein leerer Schall,  der Mensch kann sie üben im Leben. Und sollt er auch strauchen überall; er kann nach der göttlichen streben. Wer dann noch etwas strauchen sollte,  der werfe sich voll Inbrunst  und Gebet auf die Liebe Mutter Erde, die uns alle mit unsern Fehlern und Schwächen hervorgebracht hat und erkenne, dass es eine Grenze auch unserer moralischen Kraft gibt, und daher auch eine Grenze unserer Verantwortung, niemals aber eine Grenze unseres Stebens zu dem Höchsten, zu der Vollkommenheit, die wir nicht begreifen können, an die wir aber glauben wollen im religiösen Gefühle der liebenden, hoffenden und glaubenden Ergebung.

Was der große Dichterfürst WOLFGANG VON GOETHE in seinem herrlichen "Faust" von dem Engelherr singen läßt: "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen," - das ist die Anschauung über die wahre Verantwortlichkeit, die mit Kräften strebt, seine Pflichten zu erfüllen und darüber hinaus in williger Ergebung an das Ideale seinen Höhepunkt findet, und damit möchte ich auch zugleich meine eigene religiöse Anschauung ausgesprochen haben.

Nach Schluss der Sitzung sprachen sämtliche Anwesende ihre Anerkennung aus. Herr Gymnasial-Direktor Gebhardt dankte dem Vortragenden in herzlichen Worten. Herr Dr. med. PIDERIT, der Verfasser des ausgezeichneten Werkes über "Physiognomik und Mimik" und gewissermaßen Autorität auf diesem Gebiete, schüttelte dem Physiognomen herzlich die Hand mit den Worten: "Das waren ausgezeichnete Leistungen, sie besitzen einen seltenen physiognomischen Scharfblick mit großem psychologischem Wissen, schreiben Sie bitte ihre Theorien und Erfahrungen nieder, ihr Vortrag hat mich sehr gefreut!"

Es werde Licht und es ward Licht!


(Aus mehreren deutschen Fachschriften.)

Detmold. Am 1. Februar wurde Herr Carl Huter zum Residenzschlosse zu Sr. Erlaucht dem Grafregenten Ernst befohlen. Der hohe Herr empfing den Vertreter der neuen Heilrichtung auf`s herzlichste und unterhielt sich mit ihm ca. 3/4 Stunden. Schon einige Tage vorher hatte eine andere fürstliche Persönlichkeit Herrn HUTER in seinem Sanatorium einen Besuch abgestattet, um sich, wie der hohe Herr vorgab, über dessen neue Heilkunst zu informieren.

Herr HUTER hat bekanntlich in 12 jähriger Forschungsarbeit die Physiognomik und Psycho-Physiologie wissenschaftlich begründet und beurteilt mit geradezu phänomenaler Sicherheit nicht nur den Gesundheits- und den Krankheitszustand einer Person aus dem Äusseren, sondern gibt auch die für dieselbe beste hygienische Vorschrift, resp. Heilmittelanwendung derart zutreffend an, dass fast nach jeder Verordnung ein günstiges Resultat erzielt wird. Die überraschenden Heilerfolge bei oft unheilbaren, anderweitig vergeblich behandelten Patienten drangen auch in die höheren Kreise, wodurch man aufmerksam wurde und sich für den Mann der neuen Wissenschaft interessierte.



Schlusswort des I . Teiles, einem großen Kritiker und Arzte gewidmet.

Bevor ich diesen I. Teil schließe, will ich meine Weltanschauung, worauf meine Menschenkenntnis gegründet ist, nochmals in wenigen Sätzen vorführen, denn das Gute kann nie genug wiederholt werden.

Wie in der Krone der Pflanze die Blüte und die Frucht gedeiht, so wächst aus Schädel und Gesicht des Menschen Geist hervor, hier wie dort, drängt alle beste und feinste Kraft nach oben.

Wenn in der Peripherie, in der ganzen äußeren Gestalt einer Pflanze und aus ihren Formverhältnissen zu einander ihr Leben sich offenbart, ihre Kraft sich bekundet, so gipfelt doch ihre höchste Kraft in der Hervorbringung der Frucht. In der Frucht der Erdbeere, des Apfels, des Weizenkorns usw. geben sich auch chemisch die besten Nährsubstanzen für die menschliche Nahrung wieder. 

Aus dieser einfachen Naturwahrheit habe ich die Lehre gezogen, dass, nachdem die Seele eines Körpers aus dem ganzen Äußeren desselben in lichte Erscheinung tritt, so wieder das höchste der Seele an denjenigen Teilen des Äußeren, durch welche die feinsten Reize von der Außenwelt eindringen und in der Reaktion konzentrisch wieder zurückgespiegelt werden; das ist bei der Pflanze in der Blüte und Frucht, beim Menschen in der Gehirnformation, im Auge, Schädel und Gesicht. 

Der ganze Geist sitzt außen und das Beste vom ganzen sitzt oben.

Daher ist und bleibt die Phrenologie, die Gesichtsphysiognomik, das Haar, der Augenausdruck stets der Sitz der höchsten geistigen Eigenschaften, nach ewigen Gesetzen.

Der Anatom, dem jeder einzelne Teil neben dem andern gleichwertig erscheint, ähnlich wie die Reihenfolge gleicher Zahlen untereinander gesetzt, gleicht dem blöden Bauernknechte, der mechanisch seine Muskelarbeit verrichtet ohne höheres Verständnis für den Wert und die Qualität verschiedener Arbeitsverrichtungen, ihm scheint seine Arbeit dem seines oft intelligenteren Arbeitgebers mindestens vollständig gleich; die Hirnarbeit eines Künstlers oder Staatsmannes, Lehrers oder Philosophen erscheinen einem solchen Menschen nicht einmal nur gleichwertig, sondern wie total wertloser Unsinn.

Viele gelehrte Anatomen sind unfähig, philosophisch vergleichend und schlussfolgernd zu denken, sie sehen in allen Einzelorganen gleiche Werte, das ist ein Irrtum, denn es gibt auch eine Qualität unter den Organen untereinander, je nach ihren Verhältnissen, wie sie zusammen aufgebaut sind und wirken.

Gerade so wie es eine Qualität im Werte gleicher Zahlen gibt, wenn sie nicht untereinander, sondern nebeneinander gestellt sind. Die nach links stehenden Zahlen steigen im Werte, die nach rechts stehenden fallen.

Es muss also wohl die qualitative Bedeutung der verschiedenen Organe zu einander abgeschätzt werden, um zur Wahrheit der Physiognomik zu gelangen. Schließlich muss bemerkt werden, dass, wo überall elektrische Lebensvorgänge sich abspielen, so auch im Formbau der Dinge.

Es ist daher ein völlig müssiges Beginnen des Professors Flechsig in Leipzig, den Stirnbau des Menschen als unmassgebend für seine geistige Qualität anzusehen, da die Sehsphären sich doch im Hinterhaupte befänden.

Hätte Professor Flechsig die Polarität der Kräfte in ihrer Wechselwirkung gekannt und gewusst, dass, was sich im Hinterkopfe in Tätigkeit setzt, im Vorderhaupte und besonders in den Augen und der Nase wie in der Stirn in Erscheinung tritt, auf Grund der Polarität aller wirkenden Kräfte in der Natur; gewiss hätte der Leipziger Gelehrte keine 20 Jahre Geistesarbeit gebraucht, um zu beweisen, dass das Vorderhirn und die damit in Zusammenhang stehende Stirn und Gesichtsbildung bedeutungslos sei für die geistige Befähigung.

Die fleißige Arbeit, die Zähheit, mit der jener Mann so viele Jahre gearbeitet hat, wäre eines Besseren wert gewesen; hier wurde ein wissenschaftliches Talent einmal wieder durch die Macht der Einflüsse jener Gepflogenheiten der Hochschulen, die man als schier für unmöglich halten sollte, ein Opfer dieser Strömungen, die dadurch als sehr wissenschaftlich glauben zu gelten, wenn sie sich möglichst anstrengen, das Unnatürlichste, Unglaubhafteste, Unmöglichste als das Wahre, Heilige und Natürliche hinzustellen.

Die Denkorgane für Philosophie (1), 'Weisheit (2), Lebens- (3) und Seelenerkenntnis (4)
(Quelle: Die Sprache der Augen, Bild 45. Hrsg. Amandus Kupfer, 2. Auflage, 1947. Hinzugefügt)

Man frage ein Kind, wenn man ihm die Stirn eines Goethes und die eines Affen zeigt, selbst wenn bei beiden Stirnen das Gesicht fehlt, unter welchem Schädel von beiden hat wohl der größere Gei st gelebt, das Kind wird nach dem instinktiven Gefühle schon das richtige treffen. Je älter aber das Kind wird und je mehr sich die Beobachtung schärft, desto mehr wird es diese Wahrheit auch mit dem forschenden und kritischen Verstande begreifen lernen. Es kennt ja doch selbst ein halbwegs gelehriger Hund an der Stirn eines Menschen, wess` Geistes Kind er ist, und nun stehen Professoren auf und wollen beweisen, dass die einfachsten Wahrheiten Lügen sein sollen; o, diese Wissenschaft, wie danke ich dem Himmel, dass ich nie eine Hochschule besuchte, ich blieb rein und unbefleckt im Geiste von den Irren, Wirren, Sünden und Laster solcher Hochschulbildung.

Goethe
(Hinzugefügt)

Mir gilt die Stirn eines Goethes, die herrliche gottbegnadete Stirn eines jeden Erdenbewohner als der Ausdruck der höchsten Intelligenz und mehr wie Professor Flechsig und seine Wissenschaft.

Aus diesem Streben in der Natur nach außen, um zu leben und nach oben, um zu werden, nämlich etwas stetig Vollkommeneres, erkenne ich den Geist der Natur im Großen und im Kleinen, im ganz en und im Einzelnen der Dinge, die ewige Entwicklung, die einem Gipfelpunkte zustrebt, vielleicht im ewigen Werden oder im endlichen Ruhepunkt, - aber Halt! es gibt keine absolute Ruhe - darum gibt es eine ewig werdende Gottheit, wie es eine ewig werdende Naturschöpfung gibt.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Sieh die Blume und ihren Bau, wie sie duftet, wie sie blüht, sieh den Menschen und seine Gestalt, wie er denkt und wie er fühlt, überall offenbart sich das eine Gesetz: Kraft im Innern, Leben im Äußeren, Streben im Höchsten!
Ende Teil I



Erstellt 1999. Update 18. April 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben. Die psycho-physiologische Naturheilkunde             Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
 
Heilwissenschaft der Zukunft