Carl Huter: KRANKENPHYSIOGNOMIK - TEIL I. Part 2
 
Fortsetzung

Diese Krankenphysiognomik ist ein unschätzbares wichtiges, diagnostisches Hilfsmittel.

Wir besprechen nunmehr einige Bilder von lungenkranken resp. lungenschwachen Menschen, um daran zu lernen, wie die Krankenmerkmale an Gesicht und Körperform sich äußern. Allerdings kann hier nur einiges hervorgehoben werden, denn bei fortschreitender Erkrankung der Lunge zeigen sich die typischen Merkmale bald am ganzen Körper und allen seinen Lebensäußerungen.

Bild 13. Junger Mann, der lungenkrank ist, dabei strebsam und intelligent.

Bild 13 zeigt einen jungen Mann der tuberkulös ist. Die Ursache liegt in der feuchten und schlechten Wohnung, in welcher er bei einseitig schlechter Ernährung leben mußte.

Dabei ist er sehr intelligent und strebsam. Das zeigt die plastische, gut geformte Stirn und der bestimmte prägnante Gesichtsausdruck mit dem aufmerksamen Auge und dem gut gespannten Mund.

Die Nasenflügel heben sich kaum in der Formung mehr ab und erscheinen leblos, unelastisch, wie verhärtet.

Etwas Ähnliches, als wäre das Gewebe verhärtet, findet man am Hals. Die Übergänge vom Hals zur Brust, wie auch die letztere, zeigen eine starke Hervorhebung der knochigen Teile. Es bilden sich flache eingefallene Stellen, die warme Quell- und Formkraft des Gewebes ist verloren gegangen, es fehlt die sonst bei gesunden Menschen so lebendige Elastizität.

Der Leser studiere den typischen Gesamteindruck. Das Eine aber lehrt uns dieses Bild auch mit ganz besonderer Eindringlichkeit, wie bitter nötig es doch ist, daß alle Menschen eine gute und gesunde Wohnung haben und eine ebensolche Nahrung. Möge jeder, der dieses Buch gelesen und die Ursachen solchen Siechtums erkannt hat, mithelfen, die Menschenkenntnis überall bekannt zu machen. Mit ihrer Hilfe wird es dann bald soweit kommen, daß man nur noch den besten Menschen die Leitung und Führung in die Hände gibt. Diese werden aus höherem Trieb mit Eifer dafür sorgen, daß möglichst alle Menschen die besten Lebensbedingungen erhalten. –

Bild 14, Lungenkranker mit schwacher Lunge und tuberkulös.

Bild 14. zeigt einen Mann, der tuberkulös ist und eine schwache Lunge hat.

Die Nasenflügel sind schwach und dünn und sehen auch direkt erkrankt aus.

Der Leser betrachte den Studienkopf. In der Gegend der Jochbeine findet er nochmals die Einzeichnung "Lunge", was anzeigen soll, daß auch hier der Zustand der Lunge besonders zu erkennen ist. Bekannt ist die hier bei gewissen Lungenkranken lagernde hektische Röte. Unser Bild zeigt an dieser Stelle eine sehr dünne und schwache Haut.

Hutersche Studienkopf.
(Quelle: Hörzu, Heft 30. 2001. Hinzugefügt)

Auffallend ist auch die sehr eingefallene, flache Wangenpartie, seitlich der Nase nach unten zu verlaufend, ein Merkmal, daß die hier bei gesunder Verfassung aufgespreicherten Reservestoffe aufgebraucht sind.

Bild 13.                                                Bild 14. 

Ferner fällt der schwache Bau der Brust auf und die flache, breite Verformung im unteren Teil derselben. Ist bei Bild Nr.13 noch eine gewisse Widerstands- und Genesungskraft im Brustbau ersichtlich - so ist hier das Gewebe weich und kaum mehr widerstandsfähig, auch macht die Haltung des Körpers einen zerbrechlichen Eindruck.

Man beachte auch, wie die Augen einsinken, ebenso wie Schläfe und Hals eine eigentüm-liche Abmagerung zeigen, alles Merkmale der sehr schwachen Konstitution.

Es wäre natürlich noch sehr viel zu sagen über die Farbe der Haut, der Haare und viele andere Lebensäußerungen, die besondere Beschaffenheit der Nasenflügel, jedoch müssen wir uns auf einige Merkmale beschränken, die man jeweilig an dem Bilde noch ersehen kann. In späteren Zeiten werden sicher die großartigsten Atlanten mit den feinsten Farbendrucken, die alle Veränderungen deutlich zeigen, erscheinen, - hier ist nur der Anfang gemacht.

Bild 15. Geheilt von Gehirn- und Lungentuberkulose.
Die Neigung, wieder zu erkranken, bleibt bestehen

Bild 15. Sehr lehrreich ist es, dieses Bild mit den beiden vorhergehenden zu vergleichen. Der Typus erinnert noch an diese beiden Bilder, jedoch zeigt der Brustbau und die Haltung wieder eine, wenn auch zarte Formkraft, Es sind wieder sanfte Rundungen der Gewebe vorhanden, auch der Hals macht einen gesunden Eindruck und die Form ist wieder warm und elastisch.

Jedoch ist die immerhin noch schwache Formkraft ein Merkmal, daß eine Neigung zur Wiedererkrankung bestehen bleibt. Dieser Mann wurde von Gehirn- und Lungentuberkulose geheilt.

Das Auge sitzt grade und fest, Stirn und Gesicht macht einen gesunden Eindruck und entsprechend frisch ist auch die Haut. Die Nasenflügel sind wieder rein gezeichnet, aber dennoch zart, wie anfällig, ein stetes Warnungszeichen, die Kräfte zu schonen und nach der Gesundheit zu leben.

An der Stirn sieht man noch senkrechte Furchen verlaufen, von denen ein Abglanz im Gesicht und Auge liegt, es sind die Spuren der überstandenen Gehirnerkrankung.

Bild 16. Der gesunde Brustbau.

Bild 16 zeigt einen Mann mit gesundem Brustbau. In der Haltung und Mimik liegt der Ausdruck des starken Kraftgefühls und Selbstbewußtseins.

Man beachte die volle, kräftige, lebenswarme Rundung der Brust, der Muskeln, des Halses und des Gesichtes. Die Nasenflügel sind voll, gespannt und in guter Plastik. Das Gewebe, in dem das Empfinden und Leben wohnt, ist gesund.

Man vergleiche dieses Bild mit den drei vorhergegangenen und den nachfolgenden, und man wird die Unterschiede leicht ersehen.

Überhaupt ist es gut, wenn man ein Gesundheitsbild geistig klar vor Augen hat, man kann dann die krankhaften Abweichungen leichter erkennen.

Wie die Nasenflügel sich dehnen, spannen und entspannen, so dehnt, hebt und senkt sich auch die Brust.

Wo flache Stellen an der Brust sich befinden, ergibt sich eine ungünstige Veränderung und Dehnungsunfähigkeit der darunter liegenden Lungenteile.

Sobald jemand einen Schnupfen oder Katarrh hat, oder wo ein solcher im Anzuge ist, da sind die Nasenflügel schon entsprechend ungünstig verändert. Das kann jeder leicht an sich selbst und auch bei anderen beobachten.

Greift der Schnupfen und die Erkältung tiefer, wird die Lunge in Mitleidenschaft gezogen, so sind Teile der Nasenflügel oft beängstigend gerötet, wie zinnoberrot.

Man kann auch an den Nasenflügeln ersehen, ob die rechte oder linke Lunge mehr in Mitleidenschaft gezogen, gesund oder krank ist. Die linke Lunge zeigt sich mehr am linken, die rechte am rechten Nasenflügel. Schließlich sieht man jede Erkältung, Reizung der Atmung und Lunge, Überanstrengung, Ermattung an groberen oder feineren Veränderungen der Nasenflügel5 .

 Bild 17. Tuberkulose, unheilbar.
 
Bild 17 zeigt ein an Tuberkulose erkranktes junges Mädchen, die unheilbar ist, da schon an sich die Konstitution keine gute ist.

Die ganzen mittleren Gesichtspartien sind flach und die Nase zeigt in ihrer Gesamtheit große Schwäche. Die Nasenflügel selbst aber sind wie leblos, das typische Merkmal bei schwerem Leiden. Die Partie um beide Nasenflügel macht den Eindruck, als wenn etwa ein ganz gefährlicher chronischer, unheilbarer Schnupfen vorläge, man scheint direkt an den Eingängen zu den Atmungsorganen zu sehen, daß diese der Zerstörung ausgesetzt sind.

Im übrigen machen sich die Merkzeichen der schwachen Lebenskraft bemerkbar. Das Gewebe des Gesichts erscheint wie glasig wächsern, blutleer. Das Gesicht zeigt den Typus des Bewegungsnaturells mit der an sich starken magnetischen Energie. Diese ist aber hier geschwächt, wie der obere schwache Nasenteil zeigt6 . Das Auge hat Glanz, aber es liegt in seiner Umfassung matt da. Man hat den Eindruck der Scheinblüte.

Bild 18. Junge Dame disponiert zu Lungen- und Unterleibsleiden.

Bild 18 zeigt eine junge Dame, die eine Disposition zu Lungenleiden hat, das erkennt man an den schwachen wie geschwollenen Nasenflügeln, die ohne besondere Spannung sind, weshalb auch die Nasenöffnung zur Atmung ganz schmal ist. Man sieht es dieser Nasen-flügelbildung an, daß hier die Atmung und Lunge nichts vertragen kann.

Wenn man weiß und immer sieht, dann kann man vorbauen, alles Schädliche fernhalten und systematisch die Atmung stärken. Auch nach dieser Richtung hin ist die "Krankenphysiognomik" sehr wichtig und kaum zu ersetzen.

Bild 17.                                                                Bild 18.

Aber der Eindruck dieses Bildes, gegenüber dem des vorigen, ist doch ein ganz anderer. Hier zeigen z.B. die Augen Formkraft, das Gewebe im Gesicht frische Strahlkraft, während bei Bild 17 die Strahlung in der Tiefe des Gewebes matt ist.

Das Ohr ist gut und charakteristisch geformt. Der ganze Ausdruck ist lebhaft, Spannkraft liegt in der oberen Form des Nasengewebes, die Dame ist eine sehr fleißige Arbeitskraft. Die Anordung des Haares verrät ihren ganzen Eifer und Fleiß.

Die Disposition zu Geschlechtsleiden ist erkennbar in dem weichen, vollen Mund, mit den hauchartigen, sehr weichen, widerstandslosen Gewebe der Oberlippe und untersten Nasenpartie.

Bild 19. Lungenkranker, Rheumatiker mit zäher Lebenskraft.

Bild 19 läßt die Erkrankung der Lunge an den wirklich, im Verhältnis zum sonstigen Gesicht kleinen, matten und schwachen Nasenflügeln erkennen. Auch der verhältnismäßig schwache Hals, besonders dort, wo die chemische Stoffbeschaffenheit des Körpers zum Ausdruck kommt, zeigt an, daß hier die gute Stoffbeschaffenheit, die mit der Lungentätigkeit verbunden ist, mangelt. (Das Letztere gibt einen Hinweis, was bei der Behandlung der Krankheit in diesem Falle mit beachtet werden sollte.)

Ganz im Gegensatz dazu steht das starke Kinn, die große Nase, die Formkraft der Augen und die Knochenkraft, die man unter der Haut sehr gut vermuten kann. Darin liegt der starke Lebensmagnetismus, ebenso in der gespannten Schläfe, in der Quellkraft des Auges und des Mundes die zähe Lebenskraft.

Trotzdem bleibt hier für Lebenszeit bezüglich der körperlichen Kraft, Gesundheit und Berufsfähigkeit eine Minderwertigkeit bestehen, denn in dieser Richtung kann ein Kranker nicht das schaffen, was ein Gesunder vollbringen kann.

Bild 20 zeigt einen lungenschwachen Mann, er liegt im Bewegungs-Naturell.

Bild 20. Lungenschwacher Mann.

Die Nasenflügel zeigen die typische Schwäche in Form, Gewebe und Spannung, etwas Ähnliches ist aus der Haltung, der Form des Halses und dem Bau der Brust zu erkennen. Schwäche, - aber keine Erkrankung. Die übrige Form zeigt eine gewisse Frische, auch insofern, als das Gewebe und die Haut freier ist, wie bei Bild 19, was dort mit auf die rheumatische Anlage schließen läßt.

Bei Bild 20 deutet auch die in der Jochbeingegend stark gespannte Haut auf die Lungen-schwäche hin.

Die Züge des Gesichts und des Gewebes um die Augen sind hart angespannt, in scharfe Falten gelegt, als hätte er harte Erfahrungen mit durchmachen müssen. Das ist auch in der Tat der Fall, der Mann hat viel Hunger leiden müssen. Es liegt nichts von Wohlleben im Gesicht, alles zeigt vergangene Entbehrung, es liegt nicht das vergangene Glück des Lebens im Gesicht, an Auge, Haar und Gewebe.

Bild 21 zeigt einen Bronchialkranken mit starker Lunge und zäher Lebenskraft.

Bild 21. Ein Bronchialkranker mit starker Lunge und zäher Lebenskraft.

Das Gesicht hat den typisch sorgenvollen und geängstigten Ausdruck.

Die Nasenflügel sind wohl gespannt, aber sie verharren in diesem Zustand, als könnten sie sich nicht wieder entspannen. Typisch ist die Haltung, der Kopf beugt und zieht sich nach den erkrankten Stellen der oberen Brust. Hier liegt auch die stärkste Verformung und die Stellen, die am meisten flach sind.

Man beachte, wie wenig Körperfülle unterm Unterkiefer vorhanden ist, auch die Wangen und das Gewebe um die Augen, ebenso die Schläfen fallen ein. Kummer, Sorge, Anfälle und schlaflose Nächte stehen im Gesicht.

Die starke Lunge und die zähe Lebenskraft zeigt sich in den unteren Teilen der Brust, hier ist die Formplastik rund, zäh und fest. Bei aller Abmagerung an Gesicht, Hals und oberer Brust ist dennoch der Ausdruck der Form fest, ganz anders wie bei Bild 14. Die Haut ist lebhaft, gespannt und man kann sich gut denken, wie fest noch die Struktur des Gewebes und der Knochen ist.
    
Bild 14.                                Bild 21.

Solche Bronchialkranke können alt werden, aber die Krankheit zehrt doch hier an den Kräften, sie nimmt seelisch stark mit durch die tiefe Kümmernis.

Bild 22. Bronchialleidender Mann.
Studienkopf (hinzugefügt)

Bei Bild 22 sehen wir nochmals einen bronchialleidenden Mann. Dort wo am Studienkopf an den Jochbeinen und unterhalb derselben der Ausdruck des Widerstandes, der Lunge, der Reserve-Säfte und des arteriellen und venösen Blutes verzeichnet ist, sehen wir an dem Bilde die starke Gewebsverformung, das tief Eingefallene, aber auch die zähe Widerstandskraft.

Die Schläfen sind eingefallen. Die Brust ist förmlich nach dem Sitz der Krankheit hin, nach den oberen Teilen zusammengezogen, die knochigen und sehnigen Teile heben sich stark ab. Ganz charakteristisch bringt die Haltung die Beschwerden der Atmung zum Ausdruck. (Man beachte, wie bei Bild 16 die Brust warm, voll, breit und hochgewölbt ist, ganz wie die Luft voll und leicht ein- und ausgeatmet wird.) Die Nasenflügel sind starr, als hätten sie die Dehnungsfähigkeit verloren.

Die Fingerzeige, wie die Behandlung einzusetzen hat, wie indirekt die Krankheit günstig zu beeinflussen ist, sind durch diese Krankenphysiognomik gegeben. Darauf deuten die eingefallenen Wangen hin, welche die Darmpartie spiegeln, ferner die fehlenden Re-serveblutsäfte und der kummervolle Gesamtausdruck.

Diese Krankenphysiognomik sollte von Laien und jedem Krankenheiler die liebevollste Pflege und Beachtung finden. Sie erleichtert die Diagnose, läßt den Verlauf einer Krankheit besser beobachten und verfolgen und eine sichere Prognose stellen.

Sie weckt den Sinn und das Verständnis für das oft so hilfsbedürftige Leben, sie zeigt oft, wie man am sichersten, besten und schnellsten helfen kann, sie schärft die Beobachtung, und trägt dazu bei, unnötige Leiden zu verhindern.

Aber auch das Vertrauen des Patienten wird ungemein gehoben, wenn der Heiler schon aus dem Gesicht des Kranken lesen kann, wo er Schmerzen hat, was ihm fehlt, und den Verlauf der Krankheit sicher und zielbewußt zu leiten imstande ist.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Ich erinnere mich eines Falles, der schon viele Jahre zurückliegt und typisch für viele ist. Ich führte Meister Huter einst einen pensionierten Schiffsingenieur zu, einen würdigen älteren Herrn, dem in Aussicht stand, sich die linke Niere durch Operation entfernen zu lassen.

Der Herr trat auf Huter zu und sagte: "Wenn Sie mir jetzt sofort sagen können, was mir fehlt, dann komme ich in Ihre Anstalt zur Kur." Huter sah ihn an und sagte: "Nierenleiden und Anlage zu Wassersucht." Das stimmte. Der Herr ging zur Kur in Huters Anstalt, wurde außerordentlich gebessert und die operative Entfernung der Niere erübrigte sich.



Erstellt 1998. Update 22. April 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung
Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.
Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
Medizin