Menschenkenntnis Lehrbrief IV. - Part 17
 
Hauptwerk 1904-06. Carl Huter
Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm

FORTSETZUNG

C. Der Lymphgefäß-Apparat

Das, was in den Verdauungsorganen aus den eigeführten Nahrungsmitteln an wertvollen Säften und Nährstoffen verarbeitet worden ist, wird "Chymus" genannt und von den in den Darmzellen enigenden Lymphsauggefäßen, die den Darm umgeben, aufgesogen, weiterhin von dem Saugadernetz der Lymphgefäße, welche im ganzen Körper verteilt sind, regelmäßig dem Blute zugeführt. Der von den größeren Lymphgefäßen aufgesogene Nährstoff wir "Chylus" genannt. Auf Tafel XVI ist das Lymphgefäßnetz, das im inneren Körperteil sich um den Darm lagert, zur Darstellung gebracht. Tafel XVII zeigt mehr die äußeren Lymphgefäße der Brust und eines Armes des menschlichen Körpers. Diese beiden Darstellungen sind den antomischen Atlanten von Dr. med. TH. RICHTER und Prof. Dr. med. WEBER entnommen. Weshalb ich hier zu älteren Autoren greifen mußte, erklärt sich aus der großartigen und vielseitigen, wie auch genauen Darstellungsweise dieser Anatomen, speziell der Lymphgefäße, die ich in keinem älteren oder neueren anatomischen Werke in auch nur annähernd gleichem Fleiße dargestellt vorgefunden habe. Jeder bedeutende Meister hat eben sein Spezialfach, worin er fast Unübertreffliches geleistet hat. Die genaue ausführliche Darstellung der Lymphgefäße ist mit ganz außerordentlichen Schwierigkeiten verbunden, darum möchte ich diese Männer und ihre Zeichner in wohlverdienter Weise durch diese Abbildungen aus ihren Werken ehren. Diese zwei Tafeln genügen für den Zweck dieser Ausführungen, um einen Einblick in das Lymphgefäßnetz des menschlichen Körpers zu gewinnen. Die Merkstriche mit den Buchstaben und Nummern zeigen überall die Lage der Lymphgefäßorgane an. Der Inhalt dieser Gefäße ist nicht von roter Farbe wie das Blut, sondern ist eine weiße Nährflüssigkeit. An diesen Lymphgefäßen hängen in wunderbarer Anordnung, und zwar an den inneren Eck- oder Beugestellen des Körpers verteilt, Saugdrüsen, welche gewissermaßen die Reservebehälter sind. In Tafel XVII sind einige solche Saug- oder Lymphdrüsen in den kleinen Nebenfiguren mit dargestellt.
    
Tafel XVI und XVII

Die Lymphgefäße sind also teils Hilfsmittel für die Nahrungsaufnahme, teils vervollständigen sie, als Übergangsmittel zu den Blutgefäßen, den Blutkreislauf.

Der "Chylus" ist eine durchsichtige, gelblich scheinende, weißhelle Flüssigkeit, in welcher kleinere und größere zusammengeballte Körper schwimmen. Auch kleine Fettröpfchen finden sich darin vor, worin sich einzelne Blutscheiben bilden. Die kleinen Endglieder der Lymphgefäße reichen durch die kleinsten Gewebsteile bis zu den Zellen. Das Innere dieser Gefäße ist ein wunderbarer Bau von Kappen und Einzelgefäßen, welche eine fast sich selbst regulierende Gefäßmechanik zeigen. Der Darminhalt ist also gewissermaßen der Nährboden, woraus die Chyluslymphgefäße gleichsam wie Wuzeln ihre Nahrung aufsaugen. Die Taschen mit Klappen in den Lymphgefäßen*) saugen auf, aber geben nichts zurück, sondern es schiebt jede flaschenförmige Tasche den Inhalt aufwärts fort, bis er in die Blutgefäße gelangt. Die Lymphgefäße sind zäh und widerstandsfähig, aus drei Häuten bestehend, sie sind aber nicht so elastisch wie die Blutgefäße.

*) Siehe Tafel XVII, die zwei länglichen Nebenfiguren links, neben der großen Hauptfigur.

Der andere Teil der Lymphgefäße, der also, der nicht in den Darmzotten beginnt, sondern zwischen den Zellen und Geweben endigt, dient dazu, den überflüssigen Nahrungsstoff, welcher vom Blute aus den zelligen oder faserigen Körpergeweben mitgeteilt wird, soweit er nicht von den Zellen und Geweben aufgenommen wird, in sich aufzunehmen.

Auch den verbrauchten, unbrauchbaren, gelösten Teil der Gewebe nehmen diese Lymphgefäße in sich auf, selbstverständlich in getrennten Räumen, Kammern und Taschen.

Für die Flüssigkeiten zwischen den Gewebsteilen des Körpers gibt es also eine doppelte Art der Aufsaugung, einmal die, die durch Pressung mechanisch in die Lymphgefäße gelangen, und zweitens die, welche durch den ausgleichenden Blutkreislauf fortgeschwemmt werden. Auf diese Weise hat die Natur dafür gesorgt, daß nicht in den Zwischenräumen der Gewebe sich Flüssigkeiten ansammeln können. Geschieht es dennoch, so ist Lymph- oder Blutgefäßsystem gestört, und es entsteht Wassersucht.


Weisse und rote Blutkörperchen
(hinzugefügt)
Das Lymphgefäßnetz besteht also aus zwei Endgliedern und einem Zwischenteile. Der eine Teil saugt aus dem Darm (Tafel XVI), der andere Teil aus den Geweben und Zellen (Tafel XVII), und der dritte Teil wirtschaftet, spart, reguliert, gibt aus, nimmt ein; es sind eben Drüsenbeutel der Lymphgefäße**). Die Lymphdrüsen sind zugleich die Bildungsstätten der farblosen oder der weißen Blutzellen. Die Lymphdrüsen des menschlichen Körpers sind meist eiförmig gebaut. Ein Teil dieser weißen Körper, der sich in weiße Blutzellen umbildet, bildet in sich einen Kern und um sich eine Haut. Der andere Teil, der nicht  zur vollen Zelle wird, sondern nur in Klümpchen oder Scheibchen in die Blutgefäße wandert, wandelt sich durch längeren Kreislauf im Blute in rote Blutkörperchen um. Dieses erhärtet meine Theorie, daß sich Eisen wahrscheinlich im Blutkreislauf zum Teil neu bilden kann, denn die roten Blutkörper sind alle eisenhaltig und sauerstoffreich.


Diese Drüsenbeutel sind auf Tafel XVII oben und rechtsseitig dargestellt.

Merkwürdig ist auch die Tatsache, daß sich Chylus und Lymphe auf ihrer Wanderung nach den Blutgefäßen weiterhin insofern umwandeln, als sie an Fett und Zucker ab- und an Eiweiß zunehmen. Die Lymphdrüsen sind demnach auch Eiweißbildner.


D. Der Blutgefäß-Apparat

Der Blutgefäß-Apparat besteht aus
1. dem Zentralorgan, das ist das Herz,
2. dem Präparierorgan der weißen Blutkörperchen, wodurch sie zu roten Blutkörpern umwandlungsfähig werden, das ist die Milz,
3. dem Schlagadernetz, die Arterien enthaltend,
4. dem Blutadernetz, die Venen enthaltend, und
5. dem Haargefäßnetz, die Kapillargefäße umfassend.

Herz- und Kreislaufsystem: Blutgefäße
(Quelle: g-netz.de/Der_Mensch. Hinzugefügt)

Die Blutversorgung des Körpers erfolgt über ein weitverzweigtes System aus großen und millimeterkleinen Gefäßen. Zu den großen Blutgefäßen gehören die Arterien und Venen. Sie leiten das Blut zum Herzen hin beziehungsweise von ihm weg. Die Namen "Arterie" beziehungsweise "Vene" geben daher ausschließlich die Strömungsrichtung des Blutes an und deuten nicht etwa auf unterschiedliche Gewebssubstanzen hin. Arterielles Blut bedeutet sauerstoffreiches Blut, während venöses Blut sauerstoffarm ist. (Text hinzugefügt)

Das Blut der Arterien hat hellrote, das der Venen dunkelrote Farbe.

Die zwei Bestandteile des Blutes sind: Blutzellen und Blutflüssigkeit oder "Plasma". In einem Kubikmillimeter Venenblut von der Größe eines mittleren Stecknadelkopfes hat man durch mühsame Zählungen bei dem Manne 5, bei der Frau 41/2 Millionen Blutkörperchen vorgefunden. Die Blutflüssigkeit enthält mehr die Kohlensäure, hingegen zeichnen sich die Blutzellen durch größeren Sauerstoffreichtum aus.

Besonders findet sich der ozonisierte Sauerstoff, Ozon, in dem roten Blutkörperchen vor (Hämatin).

Von den festen Bestandteilen finden sich der Faserstoff und gelöstes Eiweiß ausschließlich in der Flüssigkeit (Blutplasma), hingegen Hämatin, Globulin und unlösbares Eiweiß in den Blutkörperchen. Die Blutzellen enthalten ferner vorherrschend phophorsaure Alkalien und Kalisalze, hingegen finden sich in der Blutflüssigkeit mehr  chlorsaure und schwefelsaure Alkalien und Natronsalze vor.

Die Blutflüssigkeit hat vorzugsweise die Aufgabe, die unbrauchbaren Stoffe in den Geweben in sich aufzunehmen und an die Drüsen zur Ausscheidung zu bringen. Besonders gibt uns die Nierentätigkeit hierüber näheren Aufschluß. Die Blutkörperchen hingegen dienen mehr dazu, den Geweben Kraftbestandteile zuzuführen, und sind daher den Geweben sehr ähnlich. Die rote Farbe des Blutes wird durch den von der Lunge eingeatmeten Sauerstoff bewirkt. Das Verhältnis von Blutmasse und Körpergewicht ist 1 zu 12; das heißt, ein Mann von 144 Pfund Körpergewicht hat 12 Pfund Blut, das ist also der 12. Teil. Weitere Einzelheiten über die Blutbeschaffenheit folgen im nächsten Teile des Lehrstoffes und im fünften Lehrbriefe.

Levitating Stone
(Hinzugefügt)
Jedem zum Erfolg in praktischer Menschenkenntnis zu verhelfen, dazu soll dieses Lehrwerk besondere Dienste erweisen.



Erstellt 1994. Update 16. April 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung
Hauptwerk. 2. Auflage. 1929. Hrsg. Amandus Kupfer

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.
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