Die Sprache der Augen / Le Langage des Yeux - Part 19
 
Fortsetzung

Man erkennt daraus: jeder sieht die Welt mit seinen Augen und kann sie nur nach seiner Anlage betrachten und bewerten, daher ist «Menschenkenntnis» unerläßlich, sie lehrt Geduld haben, langsam, eins nach dem andern den Menschen zu erklären und beizubringen, ohne daß unnützer Streit und Unfrieden dadurch entstehen. Daher ist das Neue oftmals der scheinbare Feind des Alten, das läßt sich nicht ändern - erst die Erkenntnis versöhnt und wirkt ausgleichend und fördernd.

Das Geisteslicht ist bei sehr kleinem, mattem und schwachem Auge meistens nur schwach und nimmt nur langsam Neues auf.

Man sollte daher einem Menschen mit solcher Anlage kein Unrecht tun, denn das verstimmt und verbittert. Aber man muß ihn, oftmals auch mit Energie, richtig behandeln, dann hat man den besten Erfolg.

Bild 103. Auch hier ist das Auge sehr klein, es hat den nahen Blick. Der Ausdruck ist dabei sehr stark selbstbewußt. Gewiß ist der Mann auf seinem Gebiet Herr und Meister und sehr von sich eingenommen.

Bild 103. Das sehr kleine Auge

Aber möchte man ihn für etwas Neues interessieren, möchte man etwas mehr Licht und Freiheit in sein Denken bringen, den Blick etwas weiten, sei es auch nur in bescheidener Weise, dann weitet sich nicht etwa das Auge, nein, es verschließt sich noch mehr. Der Geist ist zu schwach, zu eng, er nimmt nur Bestimmtes auf und reagiert nur auf bestimmte Dinge.

Man muß in solchem Falle sehr vorsichtig sein, man darf nie über ein ganz eng gezogenes Interessengebiet hinausgehen, denn sonst stößt man an und erweckt Widerstand, erreicht das Gegenteil von dem, was man erhoffte.
So ist es zu verstehen, daß mancher einfache Mensch sich von solchem Vorgesetztem falsch behandelt und mißverstanden fühlt, obwohl er das Beste will.

Der Gesichtskreis mancher Menschen ist eng gezogen; was das sehr kleine Auge nicht aufnehmen will und kann - das braucht gar nicht einmal böse gemeint zu sein - dagegen ist man machtlos, man kann höchstens die Ursachen verstehen lernen, und man sollte über den Rahmen seiner Pflichten hinaus sich noch etwas Menschenkenntnis aneignen.

Bild 104. Das ist nun ein typischer Fall. Es ist ein älterer Mann, der sehr viel und schwer gearbeitet hat.

Er hat den sehr hohen Kopfbau, und danach könnte man glauben, er hätte außerordentliche Geisteskräfte.

Das ist aber nicht der Fall, denn das Auge ist matt, schwach, sehr klein und sichtlich wie müde und eingesunken.

(Von weiteren physiognomischen Erklärungen der übrigen Gesichtsformen, des Ausdrucks und des Zusammenhangs mit dem Gehirnbau können wir hier absehen, da solche Erläuterungen an anderer Stelle schon vielfach gegeben sind.)

Das Geisteslicht ist hier nur noch schwach, und das Denken bewegt sich in engem Interessenkreis.

Der Mann ist in seiner Art brav und streng dogmengläubig. Er nimmt eine abwartende Haltung ein, und wie die Einstellung des Auges zeigt, ist er auch neugierig.

Sieht er etwas von all den Neuerungen in Technik und Kultur, so ist er sehr erstaunt, zeigt Interesse, ohne den näheren Zusammenhang erfassen zu wollen, und sagt: Das hätte ich nicht gedacht, daß es so etwas gibt.

Er hat eine feststehende Auffassung vom Leben, und dabei bleibt´s.

Bild 104. Das sehr kleine Auge

Nur wenn alle in seiner Umgebung eine Neuerung mitmachen, dann schließt er sich an, sonst aber bleibt's, solange er lebt, beim Alten.

Wollen seine Kinder oder Verwandten mal etwas, was nicht in seinem engen Gesichtskreis liegt, dann winkt er ab. Kann man ihm nicht zeigen, daß es andere auch so machen, und bedrängt man ihn, dann wird er störrisch, sogar energisch abwehrend.

So kommt es, daß Kinder oft mit den Eltern Schwierigkeiten haben, weil diese in manchen Dingen anders denken und sich nicht mehr dem Neuen anpassen können.

Rüttelt man in diesem Falle an den Glaubenssätzen dieses Mannes, die bei dem hohen Oberhaupt stark sind - mögen die Einwände noch so vernünftig und gut seil: --, dann hat man ihn zum Gegner.

Verständnis ist alles - und etwas Menschenkenntnis dazu -, und so mancher Zwist und Ärger kann vermieden werden.

Bild 105. Hier ist im Verhältnis zum Ganzen das Auge schon etwas größer oder doch geweckter, lebhafter und kraftvoller im Ausdruck.

Bild 105. Das etwas größere Auge

Hier ist der Interessenbereich schon etwas größer und lebhafter, dieser Mann versteht sein Fach, er steht fest auf seinem Posten, wird mitunter witzig, auch spitzfindig, beeinflußt und belehrt bereits andere.

Er handelt bereits klug und weiß seinen Vorteil besser und umfassender wahrzunehmen. Geht's nicht nach seinem Kopf, wird er energisch, gar nicht immer höflich, sondern auch unter Umständen grob.

Er ist in bestimmten Dingen bestimmter Ansicht, und die muß unter allen Umständen gelten. Vernunfts-, Gefühls- oder andere Gegengründe, die fernliegender sind und mehr Einsicht erfordern, gelten für ihn nicht. Das kleine Auge sieht noch nicht in die Weite, Umfaßt und umspannt zu wenig, er sieht und erfaßt nicht die eigenen, tiefer liegenden Fehler.

Überraschen ihn die Tatsachen und belehren sie ihn eines Besseren, so sagt er: Durch Schaden wird man klug - verfällt aber danach leicht wieder in die alten Fehler, glaubt, es muß alles so sein, wie er es für richtig hält -, und alles andere bleibt dann für ihn Schicksal, Fügung usw.

Im Auge liegt wirklich das Licht des Geistes, und so lernen wir das Leben von einer neuen und zwar sehr vernünftigen und natürlichen Seite aus betrachten.

Wir werden sehen, wie mit dem Größer- und Schönerwerden des Auges auch das Geisteslicht zunimmt, wie das schwache Geisteslicht wächst und sich emporschwingt.

Es soll aber niemand beeinflußt werden und es soll auch niemandem eingeredet werden, das sei «ernste» Wissenschaft, sofern man die Schulwissenschaft darunter versteht; denn es ist ernste Volkswissenschaft, ein Wissen, das das Volk versteht und als natürlich und richtig erkannt hat, ein Wissen, das sicher einst auch Schulwissenschaft werden wird.

Bild 106. Hier ist das Auge im Verhältnis zum Ganzen noch größer. Hier ist die Auffassung schon von Fehlern freier. Fehler werden von vornherein vermieden, der Geist ist zugänglicher, neutraler, aufnahmefähiger.

Der Geist beherrscht schon stärker die Kräfte des Körpers und des Lebens. Der Mensch wird selbständiger, freier, großzügiger und umfassender im Denken.

Ein solcher Mann erlernt sein Fach schon zum Teil aus sich selbst, er ist tüchtig, benötigt keinen dauernden fremden Antrieb mehr. Er arbeitet aus sich selbst, macht hier und da Verbesserungen, erleichtert sich die Arbeit - und faßt aus eigenem Antrieb auch noch Interesse für Dinge des Lebens, die er nicht direkt nötig hätte.

Er beginnt, Interesse für Wissenschaften zu fassen, sucht sich fortzubilden und mehr und Neues zu lernen.

Bild 106. Das mittelgroße Auge

Aber aus eigener Kraft Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden, fällt ihm noch schwer, er läßt sich noch beeinflussen, sieht noch nicht immer genau, was schadet und was nutzt. Aber der Wunsch nach Aufklärung - der nie ruhende Menschengeist ist hier wach, und die Leistung geht schon über den Durchschnitt.

Bild 107. Diese Dame besitzt im Verhältnis zu Gesicht, Stirn und Körperbau das mittelgroße Auge.

Dabei ist das Auge lebhaft, ausdrucksvoll und klar. Klug blickt diese Dame in die Welt, in welche sie mit ihren Anlagen offensichtlich sehr gut hinein paßt. Nicht nur das Auge ist freundlich, sondern auch der Mund, und man muß sich dabei das Gewebe, die Haut frisch und lebhaft durchstrahlt und durchspannt denken.

So lebhaft wie das Auge blickt, so lebhaft wie das Gesicht und das ganze Aussehen ist, so lebhaft ist der Geist, der aus den Augen spricht.


Levitating Stone
(Hinzugefügt)

Es hängt letzten Endes vom Fortschritt der Technik, Optik und Wissenschaft ab, die Psycho-Physiognomik, ein neues klassisches Sehen, allgemein verständlich lehren zu können.




Die Vervielfältigung und Vergrößerung der Original-Zeichnungen und Bilder ist nicht gestattet. Man wende sich an den Verlag.







Erstellt 2004. Update 4. Juli 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung 

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben. Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
 
Die Sprache der Augen / Le langage des yeux