Die Sprache der Augen / Le Langage des Yeux - Part 4
 
Fortsetzung

Der juristische, herrschende und strenge Blick

Der juristische, herrschende und strenge Blick ist in der nach stehenden Zeichnung von der Seite gesehen dargestellt.

Der Augapfel ist herausgedrängt im Bestreben, Personen und Dinge scharf zu erfassen und sich vorzustellen und gleichzeitig alle Umstände, die damit zusammenhängen, scharf zu durchdenken.

Bild 16: Der juristische Blick

Infolgedessen ist die Iris ganz sichtbar. Die Lider sind energisch offen und straff, so daß der Winkel kürzer wird.

Die starke Konzentration der Vorstellungsbilder, die gewöhnlich zum Auge zurückstrahlen, die scharfe Denkkraft, die damit verbunden ist, ebenso die scharfe Beobachtung drängen das Auge energisch heraus, wodurch der Blick den herrschenden und strengen Ausdruck erhält.

Wer diesen Blick bei irgendeiner Gelegenheit beobachtet hat, dem prägt er sich fest ein, und er kann ihn dann von dem Blick der Beobachtung, der Vorstellung, des Denkens, die bereits in den vorhergehenden Seiten beschrieben wurden, leicht unterscheiden.

Man findet den Blick aber nicht nur bei Juristen, sondern auch sonst vielfach im täglichen Leben wieder, z. B. bei den strengen Kauf- und Handelsherren, bei Beamten, die über Menschen, Rechte, Gesetz und Besitz strenge Aufsicht üben, bei Fabrikherren, Feldherren usw.

Es herrscht bei diesem Blick das Bestreben vor, den Menschen bis in das Innerste zu erfassen und zu durchschauen, alle näheren und auch weiteren Umstände, die das jeweilige Lebensgebiet betreffen, scharf mit in Betracht zu ziehen und in Verbindung zu bringen.

Der Blick ist also ganz charakteristisch.

Wir wollen nun in Wort und Bild diesen Blick, herausgegriffen aus dem täglichen Leben, kenntlich machen. Zunächst aber noch einige Worte über den organischen Aufbau der Stirn, durch welchen Auge und Blickrichtung beeinflußt werden.

Wir erinnern uns, daß in der untersten Region der Stirn die Organe für die Beobachtung und Auffassung arbeiten, in der zweiten Region liegen die der Vorstellung und des Gedächtnisses.

In der oberen Stirn arbeiten die Organe der höheren Vernunft, dazwischen liegt das praktische, spekulative und kritische Denkleben, das sozusagen die reale und ideale Welt des Denkens verbindet.

Bild 17. Der juristische Blick. Nach dem Leben gezeichnet

Sofern sich das Denkleben vornehmlich im Realen bewegt, ist der juristische Blick streng, und der Augapfel liegt auf der Achse.

Je mehr aber die höheren Stirnregionen herrschend werden, um so höher kommt der Augapfel zu liegen und um so weiser und gütiger werden Blick und Augenausdruck.

Es herrscht also eine wunderbare Gesetzmäßigkeit zwischen Geist, Leben und äußerer Form, zwischen Innenwelt und Außenwelt.

Bild 17. Bei dieser Zeichnung finden wir das Charakteristische des Blickes deutlich dargestellt. Der Augapfel ist herausgedrängt, liegt auf der Achse, die Lider sind energisch offen, und fast die ganze Iris ist sichtbar. Der Ausdruck ist aufmerksam, vorstellend, denkend und vergleichend.

Man beachte, wie die Gewebe über den oberen Augenlidern, selbst die Augenbrauen, die Anspannung des Blickes mitmachen.

Die Strahlkraft, der Geist des Auges, wird auf die Lider und die nächste Augenumgebung unmittelbar übertragen.

Fast leidenschaftlicher Eifer und Impuls drängen hier Iris und Lider hervor.


Bild 18. Dieser einfache Mann aus dem praktischen Berufsleben hat in seinem Betrieb anzugeben, er hat vielseitig aufzumerken, nach oben und unten das Gleichgewicht zu halten, für Zucht und Ordnung bei den ihm Unterstellten zu sorgen und zu verdienen.

 Bild 18. Der juristische oder strenge Blick
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Durchdringend prüft er alles, er ist streng, fest, energisch und kann, wenn jemand gegen seinen Willen und die Ordnung des Betriebes handelt, selbst hart werden, das zeigt auch die Form des Ohres und der Mund.

Er kann energisch und aufbrausend werden, siehe den Zug der Augenbrauen und die Spannung am Nasenmundzug - fest nimmt er den Gegenstand ins Auge und handelt bestimmt. Er ist gewohnt, zu korrigieren und läßt sich nichts dreinreden.

Daher hat er die charakteristischen Merkmale des strengen, juristischen und herrschenden Blickes.

Sehr plastisch breit und sprechend tritt die gewölbte Nasenwurzel hervor mit den Willensfalten an jeder Seite und der Querfalte, die den Gestaltsinn und die Konzentration umspannt.

So kann man den Mann verstehen, er schafft und arbeitet, hat die große praktische Erfahrung, den Blick für Welt, Menschen und Dinge, und er strengt sich äußerst an, alles aufrecht und im Gang zu halten im Geleise von Recht, Sitte und Ordnung.


Bild 19. Auch hier finden wir den juristischen Blick, die Lider energisch offen, fast die ganze Iris sichtbar, den Augapfel hervorgedrängt und auf der Achse.

Nur ist hier das Gewebe des Gesichts im allgemeinen gegenüber Bild 18 nicht so derb und fest, sondern bedeutend leichter, von mehr Empfinden und Gefühl beseelt.

Bild 19. Der juristische Blick

Das sind Dinge, die neben realer Sitte, strengem Gesetz und Recht auch noch da sind, es sind sozusagen innere Gesetze, die im Menschen liegen. Das strenge äußere Gesetz kann sie unbeachtet lassen, aber sie sind da und wohl kaum aus der Welt zu schaffen.

Es ist also das starke Empfinden und Gefühl, das hier mit dem juristischen Blick verbunden ist, das sich in einem weicheren Ausdruck von Form, Fleisch und Gewebe zeigt.


Bild 20. Es ist lehrreich, bei der Betrachtung des gleichen oder ähnlichen Augenausdrucks bei verschiedenen Personen zum Vergleich auch einmal ein Bild mit ganz anderer Blickrichtung und Charaktereinstellung einzuschalten. Man erkennt dann die Einzelheiten und das Typische wieder schärfer, das einseitig angestrengte Auge ruht sozusagen aus.

Bild 20. Der unwillige Blick

Die Frau Bild 20, hat den unwilligen Blick mit unangenehmen Vorstellungen, sie ist trotzig - und was sie soll, aber nicht will, das tut sie nicht, auch wenn es gut, zweckmäßig und harmlos wäre.

Man erkennt recht deutlich, wie ganz anders dieser Blick ist und - da hier die Liebe zurücksteht, - daß eine Verdunkelung des Auges eintritt, der Blick wird hart und fast stechend. Auf die nähere Erklärung für diese Tatsache kommen wir später zurück. Der Ausdruck erinnert an den finsteren Blick.


Bild 21. Der stark herausgedrängte Augapfel und die energisch offenen Lider treten hier deutlich hervor.

Es ist der energische Wille, Personen und Dinge möglichst vielseitig und durchdringend zu beobachten, sich vorzustellen, um praktische Schlüsse daraus zu ziehen.

Bild 21. Der juristische Blick

Dabei zeigt auch die Nasenwurzel kraftvolle Plastik, den guten Formensinn, sowie Wucht in der geistigen Erfassung und Konzentration.

Im Auge liegt Glanz und Kraft, die angespannte Verstandestätigkeit und innere geistige Impulsivität und Regsamkeit zeigend.

Auffallend sind dabei die starken Augenbrauen, wodurch der Eifer, den das Bild der Augen ausdrückt, noch intensiver wirkt, eine belebte Spannung bis zur Leidenschaftlichkeit kennzeichnend.


Bild 22. Hier ist der juristische mit dem  e t h i s c h e n  Blick verbunden, der Augapfel liegt etwas über der Achse, das Auge und seine Umgebung lassen eine außerordentliche Feinheit in der Charakter- und Denkrichtung erkennen.

Es ist ein ganz einfacher Mann aus dem Volke, aber von ihm sagte Carl Huter, daß er nach Charakter und Anlage als der geborene Richter gelten könne.

Bild 22. Blick und Auge zeigen den Typus des Richters

Eine sehr sehr große Feinheit liegt im Auge und in allen Geweben, es ist der Edelmensch. Ich selbst hatte diesen Herrn zum Freunde. Sein edler Charakter, seine edle Wesens- und Lebensart sind mir unvergesslich.

So schafft die Natur alle erdenklichen Augen-, Kopf- und Gesichtsformen, und sicher wird man mit der Zeit es für nötig halten, den Lebensformenausdruck immer mehr zu studieren, da auch die wissenschaftlichen Unterlagen für dieses Gebiet bereits vorhanden sind.


Auch das folgende Bild erweckt ein ganz besonderes Interesse.

Bild 23. In gewissem Sinne hat dieser Blick etwas von dem herrschenden und juristischen, es ist jedoch noch mehr der ethische Blick, der Augapfel liegt über der Achse. Damit will ich zeigen, daß es beim Auge auf Feinheiten ankommt, insbesondere aber, wie staunenswert das Leben hier die Formen gekennzeichnet hat, wie die Natur also lebendig modelliert. Ein Bildhauer kann die Formen nicht sprechender bilden.

Bild 23. Der Blick der reifen Lebenserfahrung einer alten Frau

Man beachte die Reinheit, Klarheit und Ergebenheit, die in diesem Blick liegt. Die sehr alte Frau ist am Abschluß ihres Lebens zum starken ethischen und religiösen Denken gekommen.

Mit großer dacht sich das obere Lid über das Auge.

Die sehr starke Nasenwurzel zeigt eine enorme Geisteskraft und praktische Lebenserfahrung. Die großen, oben weit geformten Ohren deuten ungewöhnliche Tatkraft.

Die Menschen, welche früher den Rat der Alten bei den wichtigsten Angelegenheiten einholten, haben, wenn sie solche gereifte Naturen befragten, recht gehabt, denn diese Frau kann, wenn sie auch noch so einfach ist, wirklich guten Rat geben.

Lehrreich ist die kernige Faltenbildung mit den regelmäßigen Abzeichnungen, die von der Nasenwurzel an über beide Augen nach den Seiten zu verläuft - und die Stirnfaltenbildung.

Wir wissen, daß Huter die Stirn über den Augen von der Mitte nach der Seite zu und ebenso von unten nach oben entsprechend den verschiedenen Organen und der Gehirnentwicklung jeweils in sieben Regionen einteilte, hier hat das Leben sie gezeichnet.

Da im Druckbild die Feinheiten der Photographie meist verloren gehen, sind die feinen Einkerbungen genau nachgezogen, damit sie noch sichtbar bleiben.

Levitating Stone
(Hinzugefügt)

Man kommt aus dem Staunen über das Wunder des Lebensausdrucks fast nicht mehr heraus. An der Quelle, d.h. am lebendigen Menschen, kann man die Arbeit der Natur, der formenden Lebenskraft studieren und die besten Schlüsse für eine praktische Lebensweisheit daraus ziehen.





Erstellt 2004. Update 4. Juli 2007
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung 

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben. Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
 
Die Sprache der Augen / Le langage des yeux