Carl Huter: Innere Erschließung einer höheren geistigen Welt - Part 7
 
Fortsetzung

XX. Kapitel.

Meine Kämpfe und meine Verlobung, meine Heirat und Heimgründung bis zum Fortzug von Hannover nach Detmold.

Meine liebe Verlobte erhielt trotz der Fürsprache ihrer sonstigen Verwandten, mit Einschluß ihres zweiten Vormundes, von ihrem Hauptvormund und dessen Frau, der Schwester ihrer seligen Mutter, ganz unerhört harte und beleidigende Briefe. Meine Braut hielt aber tapfer an ihrem Entschluß fest; und diese Treue und Festigkeit hat mir außerordentlich Hochachtung und Verehrung eingeflößt.

In meiner Not und in ihren Kämpfen zeigten sich die außerordentlichen Tugenden meiner Braut und zukünftigen Frau.

Doch, tief gekränkt und bekümmert über die Härte ihrer Tante und ihres Vormundes, hat sie sorgenvolle Tage und Nächte durchgemacht, angesichts der Zukunft, wie diese sich für uns bis zu ihrer Großjährigkeit gestalten würde, welche ein Jahr später schon eintrat. Da sie schon einmal von diesem gewaltausführenden Verwandten zur Verzweiflung getrieben worden war, durch diese Zerstörer ihres Glückes und ihrer Gesundheit hinterher fast noch ins Irrenhaus geschleppt worden wäre, so lag die Gefahr nahe, daß diese unerbittlichen Menschen keine Mittel scheuen und diesmal noch schlimmere Maßregeln treffen würden.

Ich führte meine Braut in die trostreichen Lehren des Spiritualismus ein, sie wurde eine willige Schülerin.

In dieser schweren Zeit habe ich meine liebe Braut mit den Verheißungen bekanntgemacht, die mir von den Geistern gegeben worden waren, habe sie getröstet und gelehrt, wie sie ihre liebe selige Mutter, andere teuere Verstorbene und ihre Schutzgeister anrufen solle, damit diese sich ihr mitteilen und ihr beiständen. Kurz ich führte sie in den Spiritualismus ein, und sie folgte mir, obgleich ihr das Gebiet fremd war. Not lehrt beten, und so lernte sie in ihrer jetzigen Lage, sich mit der geistigen Welt vertraut zu machen.

Einige spiritistische Erlebnisse überzeugten meine Braut gänzlich.

Als alles Hilfesuchen vergeblich schien, wandte sie sich an die höheren unsichtbaren Mächte und bat um Schutz und Führung. Durch eine selbst beobachtete Tatsache war meine Braut schon stutzig geworden und zu dem Glauben geneigt, daß die Geister Verstorbener sich mitteilen könnten. Auf dem Heuboden ihrer Großtante hatte sie jede Woche an einem bestimmten Tage Gepolter, Schritte und Verlegung von Gegenständen wahrgenommen, was auch ihre Tante und andere Hausbewohner bestätigten. Man bekümmerte sich jedoch wenig um diese Manifestationen, sondern mied während dieser regelmäßig wiederkehrenden Polterstunden den Boden des Hauses. Jetzt aber wurde es auf dem Hausboden fast täglich und nächtlich lebendig, und bald hatte meine Braut zweimal eine Erscheinung in ihrem Schlafgemach. Das eine Mal hat sie ihren sie tyrannisierenden Vormund als eine klägliche schwarze Erscheinung an ihrem Bette stehen sehen, die zuerst Furcht, dann aber Mitleid in ihr erregt hatte. Das andere Mal ist ihr die lichthelle Gestalt ihrer seligen Mutter als Schutzengel erschienen, die ihr geraten hat, was sie in diesem Falle zunächst tun solle.

Ich selbst erlebte ebenfalls mehrere Mitteilungen und Erscheinungen zu dieser Sache. Nach diesen Ratschlägen haben wir dann gehandelt. Zuerst versuchten wir, den Vormund vor das Vormundschaftsgericht zu laden durch einen älteren tüchtigen Rechtsanwalt. Der versuchte Friedensschluß mit Hilfe des Obervormundes, des Rechtsbeistandes, meiner glänzenden Zeugnisse und der festen Entschlossenheit meiner Braut scheiterte an dem harten Eigenwillen des Vormundes. dieser Mann beleidigte meine Braut außerdem noch in einer Weise, die mich tief entrüstete und mir jede Achtung vor ihm nahm.

Die Motive wurden mir klar, warum der Vormund meiner Verlobten solche Feindschaft und gehässige Kampfesweise führte, die unverzeihlich war. Dem Vormundschaftsgericht blieben diese Motive verschlossen.

Aus dem ganzen Gebaren und der Physiognomie dieses Mannes während des Vormundschaftstermins las ich mit Bestimmtheit, welche wenig edlen Motive hinter seiner unerklärlichen Haltung steckten.  Später erfuhr ich von meiner Braut, daß sich meine Vermutung bestätigten. Hierauf beantragte meine Braut die Einsetzung eines anderen Vormundes, was aber merkwürdigerweise vom Vormundschaftsgericht abgelehnt wurde, wohl darum, weil ihr Onkelvormund eine Erbschaft in Aussicht gestellt hatte, wenn sie willfährig seinen Wünschen folgte, die zur Hauptsache darin beständen, mit mir zu brechen und reuemütig in sein Haus zurückzukehren. Freilich hat er dem Obervormund nur gesagt, daß er es gut mit seinem Mündel meine, daß ihr ein kleines Vermögen zufallen würde, wenn sie sich gut führe, daß sein Gewissen gegen eine Verbindung zwischen uns spräche. Daß er aber sein Mündel später selbst zu heiraten gedachte, wenn seine von einer lebensgefährlichen Krankheit befallene Frau, der er nur noch kurze Zeit des Lebens zuschrieb, nicht mehr sein würde, davon hat der Herr Vormund dem Vormundschaftsgericht nichts verraten. Nur seinem Mündel hat er früher oft sein Herz ausgeschüttet, doch dieses war zu edel, die Sache vor das Vormundschaftsgericht zu ziehen. Vielleicht wäre sie ja auch nicht einmal geglaubt worden. Der Gegenvormund schwieg sich aus und verteidigte meine Braut nicht, als es darauf ankam; und so war uns alle Aussicht genommen, entweder auf dem Wege der Güte oder dem des Gesetztes im deutschen Staate und von diesen Menschen unser gutes Recht zu erlangen.

Wir beschlossen darauf, gelegentlich ins Ausland zu reisen, um uns dort trauen zu lassen. Woher aber die Mittel nehmen? Ich hatte Kurhaus Eilenriede aufgegeben, und durch längere Verdienstlosigkeit waren meine Mittel fast aufgezehrt. Ich reiste darauf mit meiner Braut zum Besuch meiner Mutter nach Heinde, und diese veranlaßte einen Verwandten zur Vorstreckung von Mk. 150.-. Dazu gab mir ein Freund aus Hildesheim Mk. 125.-, und so konnten wir, mit Mitteln bewaffnet allen Eventualitäten entgegensehen. Nachdem wir uns unser Papiere lange vorher besorgt hatten, fuhren wir nach Hamelns zurück, und siehe da, am anderen Tage war auch der Onkelvormund in Hameln. Ich kam mit meiner Braut gerade vom Nachmittagsspaziergang nach Hause, als wir die Stimme meines Erzfeindes aus dem Zimmer der Großtante lebhaft erschallen hörten, weil er die alte würdige Dame mit Vorwürfen überschüttete, Als wir auf dem Korridor der ersten Etage angelangt waren, blieben wir stehen, und ich sagte zu meiner Braut, ich wolle den Mann nicht wiedersehen, ich hätte Abscheu vor ihm, sie möge nur hineingehen und nochmals versuchen, ihn umzustimmen. Falls es ihr nicht gelänge,  möchte sie in mein Hotel kommen und mir Nachricht geben, wann wir uns des anderen Tages treffen könnten.

Ein kühner Entschluß meiner Braut führte zur Hochzeitsreise und Trauung in England.

Meine Braut besann sich einige Augenblicke, dann faßte sie den kühnen Entschluß, nichts mehr nach ihrem Onkelvormund zu fragen, das sie nichts als Böses und Unheil von diesem Manne erfahren habe, seitdem sie verlobt sei und noch weit Schlimmeres befürchte, wenn er sie wieder in die Finger bekäme. Nur schnelle Flucht sei hier am Platze, und wenn wir dann erst verheiratet wären, könnte uns niemand mehr trennen. Ich stellte noch einmal meiner Braut alles vor Augen, welche Verantwortung ich dadurch übernehme, und ob sie mit ihrem ganzen Inneren klar sei über den ungewöhnlichen Plan der Flucht und Heirat im Auslande. „Ohne weiteres, schon lange“, sagte sie. „Gut denn, so sei es“, war meine Antwort. Wir eilten die Treppe hinunter, gingen in eine Nebenstraße, setzten uns in ein einfaches Gasthaus; ich holte meinen Handkoffer aus meinem Hotel, und gegen Abend wanderten wir bis zur nächsten Bahnstation, erreichten aber den Zug nicht, und somit schliefen wir in einer Dorfwirtschaft die erste glückliche Nacht, reisten am anderen Tage nach Hannover und lösten uns zwei Rückfahrkarten nach London, fuhren mit dem nächsten Schnellzug direkt nach Amsterdam, am anderen Abend vor dort nach Huk, dann von Holland über den Kanal nach England, nach London.

Die würdige standesamtliche und kirchliche Trauung in London und die Legitimation dieser Trauungsakte vom deutschen Konsulat in London.

Hier wohnten wir wenige Tage in einem einfachen Hotel, suchten darauf ein besseres deutsches Hotel auf und fanden den Besitzer bereit, uns Auskunft zu erteilen. Er stellte uns einen erfahrenen deutschen Kommissionär zur Verfügung, der unsere geplante Heiratsangelegenheit in die Hand nahm. So wurden wir von dem Londoner Zivilstandesamt und dann in der Londoner Paulus-Kirche von einem englischen Geistlichen im Beisein von zwei Zeugen getraut. Der Geistliche sprach sehr schöne erhebende Worte; die Einsegnung war sehr feierlich.

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Dann nahm man uns unsere Legitimationspapiere ab, daraufhin stellte uns der Geistliche, ein Mann in vorgerücktem alter, die Heiratsurkunde aus, die wir gleich nachher auf dem deutschen Konsulat nochmals extra beglaubigen und abstempeln ließen. Dies war am 4. Januar 1896. Damit war der Heiratsakt vollzogen, und wir waren kirchlich, rechtlich und gesetzlich verehelichte Gatten. Der Kommissionär nahm mit Rücksicht auf unsere geringen Mittel für Mühe und Auslagen 80 Mk- Der leutselige Wirt und seine Frau gratulierten uns, wir blieben noch einen Tag, sahen uns das Londoner Leben und Treiben an und reisten von London ab, nach Amsterdam zurück. Dort besuchte ich einen mir bekannten Großkaufmann, von dem wir dann zum Abendessen eingeladen wurden. Am folgenden Tage besuchten wir die Sehenswürdigkeiten Amsterdams, und damit waren auch unsere Mittel erschöpft. Wir hatten nichts mehr für Logis und Essen.

Wunderbare Fügung und Hilfe in der Not der Erschöpfung der Reisemittel in Amsterdam.

In dieser Notlage konnten wir nicht einmal unsere Schmucksachen verpfänden oder verkaufen; endlich verkaufte meine junge Frau ihre goldene Brosche für ca. 20 Mk. an einen Goldschmied, zu welchem ich wie durch Führung kam. Nun konnten wir ohne Angst vor Hunger und Entbehrung die Rückreise nach Hannover antreten. Teils von London, teils auch von Amsterdam und Hannover aus haben wir allen Bekannten und Verwandten, auch dem Onkelvormund sowie dem Obervormund unsere Verheiratung mitgeteilt. Wir baten um die Möbel meiner Frau, die der Vormund in Verwahrung hatte; dieser schlug aber die Herausgabe derselben, sowie eine Anweisung von Geldmitteln von dem Kapital meiner Frau rundweg ab. Wir waren dadurch gezwungen, uns erst ein möbliertes Zimmer zu mieten und verbrachten unser Leben in denkbar eingeschränktesten Verhältnissen. Darauf reiste ich bald in frühere bekannte Gegenden, um Vorträge zu halten, hatte aber nur sehr geringe Einnahmen. Darauf suchten wir nach einem Geldverleiher und fanden durch Zufall oder war es Fügung in einer Witwe, der Tochter eines jüdischen Geldverleihers, die selber mancherlei Unglück durchgekostet hatte, eine wohlwollende, bereitwillige Dame, die uns behilflich war, vermittels ihrer Bürgschaft, eine kleine Summe Geld zu erlangen.

Verwandte, bekannte Christen helfen nicht in der Not, sondern eine edle jüdische Witwe.

Merkwürdigerweise war keine Möglichkeit, trotz aller erdenklichen Versuche, von einem Christen, nicht einmal von einem Freunde, Verwandten oder Bekannten, ein Darlehen zu erhalten. Dies war um so seltsamer, als das Barvermögen meiner Frau uns sicher zufiel. Hierbei lernte ich wieder den furchtbaren Unterschied zwischen Namens- und Tatchristen kennen und lernte das tatkräftige, weitsichtige und hilfsbereite Judentum hochschätzen.

Ostern 1896 mieteten wir uns eine kleine Familienwohnung, Seestraße 25/11, die gesund lag und unseren bescheidenen Bedürfnissen entsprach. Wir erhielten dann von einem großen Möbelgeschäft durch Vermittlung einer anderen befreundeten Dame Möbel auf Kredit; und endlich wurden uns nach Eingabe an das Vormundschaftsgericht vom Vormund die Möbel überlassen, die meine Frau von ihrer seligen Mutter geerbt hatte. Wir ließen nun diese Sachen durch einen Fuhrmann vom Hause des Vormunds abholen, erhielten sie in verstaubtem und verwahrlostem Zustande, mehrere Möbelstücke fehlten gänzlich.

Ein weiblicher Engel erscheint mir in der ersten Nacht in meiner neuen Häuslichkeit und erklärt mir seine Liebe und belehrt mich über das höhere Liebesleben in der geistigen Welt.

In der ersten Nacht. die wir in unserem neuen Heim, Seestraße 25/II, wohnten, hatte ich ein wundersames Hellgesicht. Ich sah, als meine Frau fest schlief, an der gegenüberliegenden Wand eine herrliche Frauengestalt, mit rotblondem Haar und wunderbar schönem, ovalem Gesicht. Diese näherte sich mir und sprach: „Ich bin dein Schutzengel, ich freue mich über dein Glück, habe Mut, ich führe dich weiter. Wenn mein Gemahl mir erst fort ist, dann komme ich zu dir und bin immer um dich; denn ich liebe dich von ganzem Herzen.“ Über diese Mitteilung war ich ganz verblüfft und fragte meinen Schutzengel, ob denn in dem Leben nach unserem Tode auch Ehen zwischen männlichen und weiblichen Wesen beständen, was mir der Geist bejahte; aber er sagte, solche Ehen beständen in ganz anderer Form, auf Zeit. Die Sympathie führe zwei und oft mehr Wesen zusammen, man trenne sich auch wieder, wenn man sich entbehrlich geworden sei, doch ohne dem Gatten wehe zu tun, wenn man sich vernünftig auf Trennung geeinigt habe. Ich sagte, das sei mir sehr interessant, aber ich sei doch jetzt verheiratet, ob es denn nach höheren ethischen Gesetz erlaubt sei, daß man von einem zweiten weiblichen Wesen geliebt würde, wenn man verheiratet sei. Nach unseren kirchlich religiösen Anschauungen sei das moralisch nicht statthaft. Der Engel erwiderte, die Seelenharmonie entscheide, die Liebe müsse eine edle sein, die nicht wehe, sondern wohl täte, die nicht rivalisierend gegen den andern Ehegatten aufträte. Es gäbe eine Art seelischer Liebe, selbst mit edler Sinnlichkeit gepaart, die im Glück der geistverwandten Persönlichkeit eine Freude empfindet und darum gern bei der geliebten Person weile, sie vor Not und Gefahren schütze und ihr Glück und Freude bereite, soweit es in der eigenen Kraft läge. Jetzt könne sie nur zeitweise bei mir sein, aber in 2-4 Jahren wolle sie immer um mich sein. Damit nahm dieser edle Geist Abschied von mir. Merkwürdig ist, daß uns im Herbst 1899 ein Töchterlein geboren wurde, unsere Luzia, welche in ihrem Wesen und Gesichtsausdruck ungewöhnlich viel Ähnlichkeit mit jenem weiblichen Engel hat, der mir damals in Hannover, Seestraße 25, erschienen ist. -

Hier im eigenen Heim richtete ich dann in den Kellerräumen eine kleine Badeanstalt ein, inserierte diese und bekam dann einige Kranke in Behandlung, die ich mit Erfolg heilte. Doch war die Anstalt vom großen Verkehr abgelegen, weshalb die Einnahmen nur gering waren.


(Hinzugefügt)

Nebenbei arbeitete ich an meinen Werken, studierte und hielt zwischendurch auch Vorträge; doch war ich durch das harte, feindselige Verhalten des Vormundes meiner Frau und ihrer übrigen Verwandten, bei denen es dieser merkwürdige Onkel und seine Frau durch allerlei Aufwiegelungen bewirkt hatten, geradezu leidend. Dazu kam noch ein Prozeß mit dem früheren Wirt von Kurhaus Eilenriede, dem ich, wie verabredet war, die halben Beiträge zu den Inseraten für das Kurhaus seiner Zeit bei dem Rest meiner Pension in Abrechnung brachte. Ich ließ schließlich diese Forderungen fallen, da der Mann inzwischen selber das Kurhaus hatte aufgeben müssen. Doch waren in den letzten Rechnungen Forderungen für Lieferungen von Speisen gestellt, die ich nie erhalten hatte. Es kam schließlich zu einem Vergleich; aber das geradezu beleidigende Betragen dieses Mannes mir gegenüber war mir eine tiefe Kränkung.

Von den früheren Freunden in Hannover hatten sich nur wenige, darunter aber in erster Linie Hermann Lammers, treu bewährt. Gegen die Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen nicht konzessionierter Anstalt, zu der man mich irrtümlicherweise noch von Kurhaus Eilenriede her verpflichtet glaubte, hatte ich Berufung eingelegt, die aber auch die Berufungsinstanz wenig änderte. Ich mußte also auch diese Strafe und alle Kosten dazu, so schwer es mir wurde, aufbringen.

Trübe Erfahrungen in der Hannoverschen jüngeren Naturheilbewegung.

Mit dem neuen Naturheilverein, der mich als Naturarzt zu engagieren versuchte, machte ich üble Erfahrungen. diese unwissenden, fanatischen Menschen wollten mir Vorschriften machen, wie die Kranken zu behandeln seien. Sie verwarfen jeden Zusatz zu Bädern, wie z.B. Salz, Fichtennadelextrakt usw., Ingredienzien, womit ich bei gewissen Krankheiten ausgezeichnete Erfolge erzielt hatte. Einige dieser Leute verwarfen sogar die Massage, und fast alle waren Gegner der geistigen Heilmittel, z.B. der Suggestion, des Heilmagnetismus usw. Also auch hier hatte ich Ärger und Kümmernisse. Wo ich nur hinsah, Bitterkeiten, Kränkungen, Verfolgungen und lieblose Menschen. Dieses veranlaßte mich, mit um so größerer Liebe mich an meine junge Frau anzuschließen, und sie trug denn auch alle Kämpfe mit mir mit wahrer Tapferkeit und treuem Beistand.

Das letzte Hellgesicht auf Kurhaus Eilenriede und die langsame Verwirklichung desselben.

In der letzten Zeit, als ich auf Kurhaus Eilenriede wohnte, hatte ich noch einen Wahrtraum. Ich sah, wie sich schwere Wolken über mir zusammenzogen; und aus diesen Wolken kamen teuflische, schreckliche schwarze Gestalten heraus, in den furchtbarsten und häßlichsten Erscheinungen, welche mich zu vernichten drohten. Da trat aber auf einmal eine Wendung ein, lichte Geistgestalten nahten sich aus der Ferne, um mich zu beschützen; und siehe da, die Wolken verteilten sich, und die schwarzen Kobolde flüchteten sich mit ihnen. Dieses Hellgesicht kam mir fast täglich vor Augen, und ich tröstete mich in dem Bewußtsein, daß bald höhere Mächte von oben allen Leiden und Kämpfen ein Ende machen würden.

Meine liebe Frau suchte sich in dieser ersten Zeit mit dem Spiritismus vertrauter zu machen, obgleich sie immer eine gewisse Furcht vor Geistern zu haben schien. Sie war längst überzeugt, aber mit dem Umgang mit der geistigen Welt noch nicht vertraut.

Die Veranstaltung einer regelrechten spiritistischen Sitzung in meinem Heim in Hannover.

Aus diesem Grunde veranstaltete ich mit einigen früheren Schülern, Herrn Kaufmann Grote, dessen Bruder, Uhrmacher Grote, einem Herrn Bethe und noch zwei Damen und einem Herrn, in meiner Wohnung eine spiritualistische Sitzung. Wir verdunkelten abends spät, so gut es ging, das Zimmer, setzten uns alle um den Tisch herum, legten die Hände darauf, so daß sie sich gegenseitig berührten und eine geschlossene Kette bildeten. Herr B. war der Zirkelleiter. Links neben mir saß meine Frau, rechts das Medium, Uhrmacher Grote, ein junger Mann von 17 Jahren. Wir saßen lange, vielleicht eine Stunde, ohne einen Erfolg zu erzielen, dann aber fiel das Medium in Trance; und nun näherten sich graue und schwarze Gestalten, die von verschiedenen Teilnehmern gesehen wurden. Das Medium befand sich im Halbschlaf, den Kopf hängen lassend. Da entwickelte sich plötzlich vor dem Medium eine Materialisation. Es war ein hellerer Kopf mit einem älteren, sympathischen Männergesicht. Zugleich wurden Klopftöne im Zimmer laut. Meine Frau, die wegen ihres gesegneten Zustandes weder Furcht noch Schrecken vertragen konnte, beruhigte ich fortwährend und hatte sie auch von der Kette ausgeschlossen. Sie saß also frei neben mir. Plötzlich sprang sie auf, lief hinaus, den Korridor entlang, in ihr Zimmer, das an der Straßenseite des Hauses lag. Die Sitzung fand in meinem Arbeitszimmer statt, das nach dem Hof und Garten hinaus lag. Diese Störung der Sitzung veranlaßte mich, meiner Frau eine energische Zurechtweisung zu geben.

Die Lehre aus dieser Sitzung war, daß unedle Zirkelteilnehmer oder Medien oder Zirkelleiter unedle Geister anziehen.

Doch trug ich ihr diese Furchtsamkeit vor Geistern nicht nach, weil sie ihr Fortlaufen damit begründete, daß die schwarzen Gestalten doch keine guten Geister sein könnten; nach meiner Lehre seien es böse, und in Gesellschaft böser Geister möge sie nicht weilen, sie befürchtete, dieselben könnten sich an unsere Wohnung gewöhnen und öfter wiederkommen, und damit sei sie nicht einverstanden. Wenn keine guten Geister durch unsere Sitzung angezogen würden, dann wäre es besser, sie unterbliebe ganz. Sie dulde keine zweite spiritistische Sitzung wieder in ihrer Wohnung. Ich versprach ihr, wenn sie Geduld übe, wolle ich die Zirkelleitung in die Hand nehmen, dann könne sie gewiß sein, daß gute Geister kommen würden. Meine Frau erwiderte, das würde mir wohl nichts mehr nützen; denn wo sich erst böse Geister hingezogen hätten, da würden sich wohl schwerlich gute einstellen. Ich klärte sie dann auf, daß es vielleicht am Zirkelleiter oder an irgendeiner der anwesenden Personen läge, daß böse Geister angezogen seien. Ich wolle ihr aber den Beweis geben, daß auch gute Geister kämen, sie möge nur wieder mit ins Zimmer kommen, um sich gründlich davon zu überzeugen. Daraufhin kam sie wieder mit und entschuldigte sich bei den Anwesenden.

Die Entdeckung in dieser Sitzung, daß ich nicht nur anziehend auf gute Geister wirke, sondern ganz besonders zum Geistmagnetiseur und Zirkelleiter befähigt bin.

Ich übernahm jetzt die Leitung unseres Zirkels. Kaum hatten wir uns gesetzt, als an meinem Oberkörper verschiedenen Lichtsterne sichtbar wurden. Ich sagte, dies sei ein Zeichen, daß sich gute Geister  nahten und bat um Geduld und Vermeidung jeder Störung. Aber diese Lichtsterne auf meinen Schultern, Gesicht, Rücken usw., die auch meine Frau beobachtete, hatten derselben solchen heillosen Schrecken eingejagt, daß sie wieder auf und davonlief. Ich war diesmal ganz entrüstet über die Störung, da ich und alle Zirkelteilnehmer uns auf materialisierte Lichtgestalten, also auf gute Geister, gefreut hatten und glaubten, jetzt sei alles verdorben. Meine Frau lief in ihr Zimmer und schloß sich ein. Ich rief ihr zu, das würde ihr absolut nichts nützen; denn die Geister kämen auch dorthin, und ich wünsche es überhaupt, daß sie sich ihr mitteilten, ohne sie zu erschrecken, auch außerhalb unseres Sitzungszimmers. Ich ging wieder in dieses zurück und schloß die Tür hinter mir zu, um jeder neuen Störung vorzubeugen. Kaum hatte ich mich in den Kreis gesetzt und gerufen: „Bitte, liebe gute Geister, tut euch jetzt kund,“ als sich bei dem Medium eine halblichte Körpergestalt und an der gegenüberliegenden Wand wunderbar edle Licht streifen von seltener Schönheit entwickelten, die sich schnell wieder auflösten. Meine Bitte, ob sich nicht gute Geister materialisieren wollten, wurde durch dreimaliges Klopfen bejaht. An meinem Körper haben die Anwesenden dann wieder Lichtsterne wahrgenommen und auf meinem Kopfe soll sich auf kurze Zeit eine Art Lichtkamm entwickelt haben. Ich rief nach den guten Geistern und auf jeden Ruf sah man große Lichtstreifen und Erscheinungen im Zimmer, die sich zu Geistgestalten zu formen versuchten. Dies schien ihnen deshalb aber nicht ganz zu gelingen, weil das Medium nicht Kraft genug hatte, oder weil ein unangenehmer Einfluß von einem der Anwesenden die Verdichtung der Materie verhinderte, oder auch weil die Atmosphäre, welche die vor einer halben Stunde erschienenen schwarzen und grauen Geister umgeben hatte und die fraglos nicht sonderlich gut war, die Verwirklichung schöner Körperformationen verhindert hat. Auch die Geister sind an Formbildungsgesetze gebunden.

Wir sahen alle die Versuche mehrerer Intelligenzen, sich zu materialisieren, sahen auch, daß ich besonders auf gute Geister einen anziehenden, starken Einfluß ausüben konnte; denn kaum hatte ich gerufen, so war auch jedesmal sofort eine lichte Geistgestalt im Begriff sich zu materialisieren.

Die weitere Entdeckung wichtiger Gesetze in der geistigen Welt.

An diesem Abend entdeckte ich in mir geistigmagnetische Kräfte, fand, daß ein Geistmagnetiseur mehr vermag als ein Medium, und dies brachte mich schon damals zu der Vermutung, daß ich als ein solcher jedenfalls in der Lage sei, ohne Medium und ohne Zirkelsitzung Geister zu rufen und zu Kundgebungen zu veranlassen, kurz, daß ich ganz allein in Verkehr mit der geistigen Welt treten könne. Diese Voraussetzung hat sich dann später als richtig erwiesen. Wir waren über das Resultat an jenem ersten Sitzungsabend sehr befriedigt und nachdem ich den lieben guten Geistern, die sich uns genaht, gedankt hatte, hob ich die Sitzung auf, eilte zur Tür, um meiner Frau darüber Mitteilung zu machen. Zu meiner Überraschung befand sich dieselbe auf dem Korridor und erklärte, in ihrem Zimmer habe es geklopft und die Furcht, teils auch die Neugierde, habe sie an unsere Tür getrieben. Als sie gehorcht habe, da sei auch eine Lichterscheinung oben an der Wand über der Tür unseres Sitzungszimmers entstanden und durch Klopfen an jener Stelle sei sie erst darauf aufmerksam geworden. Außerdem habe es unter ihrem Fuße vernehmlich geklopft, sie habe deutlich das Gefühl gehabt, als stoße jemand mit dem Finger unter ihre Fußsohle, wodurch der Klopfton hervorgerufen worden sei. Sie erklärte, durch diese drei Tatsachen habe sie sich auch gründlich überzeugt, bat aber, mit Rücksicht auf ihren Zustand, von weiteren Sitzungen abzusehen, was ich dann gewährt habe.

Wie Frau Henny Huter vom Spiritualismus endgültig überzeugt wurde.

Nachdem die Sitzungsteilnehmer entfernt hatten, begab ich mich mit meiner Frau in ihr Zimmer und saß noch ein Weilchen plaudernd auf der Chaiselongue. Da plötzlich fing dieselbe an, sich zu bewegen, meine Frau und ich wurden hin und her geschaukelt wie in einem Kahn, der auf dem Wasser schwimmt. Auch der Tisch rückte, hob und senkte sich, Klopfen wurde in den Schränken, an Stühlen und Wänden hörbar. Nun bat ich die Geister, sie möchten noch mehr Kraftbeweise bringen; sofort erfolgten solche auch. Ich hatte das Gefühl, wenn ich meinen Willen darauf gesetzt hätte, dann wären Schränke, Stühle, Tische, selbst die Chaiselongue mit mir und meiner Frau in die Luft gehoben worden. Es war, als habe sich eine kraftschwangere Atmosphäre in meiner Nähe gebildet, auf die ich einen magnetichen Willenseinfluß hatte, und ich entdeckte, daß mein Geist Kräfte in sich barg, die ich noch nie bemerkt hatte, nämlich die Kraft, schöpferisch, bildend und gestaltend auf Stoffe zu wirken und Geister zur Mithilfe in meine Nähe zu bringen. Ich fragte meine Frau, ob sie mir weitere Experimente gestatte, da ich das Gefühl habe, als könne ich in dieser Stunde mit meinem Willen auf die Materie wirken und mit Hilfe von Geistern wunderbare Dinge vollbringen. Ich bat meine Frau inbrünstig, mir dies zu gestatten, sie mache mir damit eine große Freude; ohne ihre Beistimmung wolle ich jedoch des lieben Friedens willen davon absehen. Meine Frau sagte darauf, es sei für heute genug, sie habe sich ein für allemal davon überzeugt, daß sich Geister nicht nur von Zeit zu Zeit den Menschen nähern und offenbaren könnten, sondern daß man durch besondere Sitzungen, Regeln und Willenskräfte direkt planmäßig einen Geistererscheinungskult und magische Dinge betreiben könne, und ich habe, wie es ihr scheine, das beste Zeug dazu. Aber ich möchte in unserem Heim doch keinen Gebrauch davon machen; es sei praktischer gegen meine Feinde und üblen Menschen mit magischen Kräften und mit Hilfe von Geistern zu wirken. dieser kluge Gedanke meiner Frau war mir vorher noch nie gekommen, nämlich mit Geistern und magischen Kräften seine Gegner kaltzustellen.

Meine ersten gelungenen Versuche von Willensübertragung durch die Ferne auf einen feindlich gesinnten Menschen.

Ich habe aber später in diesem Sinne experimentiert und Erfolge erzielt. Das erste Resultat erzielte ich, als ich auf die Tante meiner Frau, die Schwester ihrer seligen Mutter, durch meinen Willen einzuwirken suchte, sie solle zu uns zu Besuch kommen, da ich diese Frau kennen lernen wollte; ich vermutete in ihr gute Anlagen und gedachte, sie zu einer Aussöhnung zu bewegen. Diese Tante also, die Frau des bösen Onkelvormundes, ist dann in der Tat oft durch unsere Straße gewandert, wie ich gleich darauf erfahren habe und hat sich nach uns erkundigt. Der frappanteste Beweis war aber, daß sie eines Tages an unserer Korridortür gewesen ist und meine Frau besuchen wollte. Durch ein Mißverständnis hat unser junges Mädchen gesagt, meine Frau sei nicht anwesend, und somit entfernte sich die Tante wieder.

Anfang September nahte die Niederkunft meiner Frau heran. Ich sah derselben mit Gottvertrauen entgegen. Frühzeitig setzte ich mich mit einem tüchtigen Arzt und einer Hebamme in Verbindung, so daß ich im Falle etwaiger Gefahr wußte, wohin ich mich zuversichtlich wenden konnte. Die vielen Unannehmlichkeiten, die meine Frau von ihren Verwandten erlebt hatte, ließen mich vermuten, daß sie eine sehr schwere Geburt durchmachen würde.

Die schwere lebensgefährliche Geburt meines ersten Töchterchens Irmgard und meine heiltätige magische Kraft bei der Geburtshilfe.

Dies bestätigte sich. Furchtbare Schmerzen stellten sich ein; und da die erste Hebamme nichts tat, sondern uns durch ihre rohen, zynischen Bemerkungen alles Vertrauen nahm, so entließ ich diese und nahm eine andere, die ein außerordentlich gutes Gemüt und angenehmes Wesen hatte. Ich wich keine Stunde von dem Schmerzenslager meiner Frau; und als in der zweiten Schmerzensnacht noch immer nicht das Kind kam und fast die Erschöpfung nahe war, da betet ich inbrünstig zur Gottheit um Beistand, daß sie mir meine liebe Frau am Leben erhalten möge. Dann eilte ich zum Arzt, welcher sofort mitkam und einige Sachen notierte, die ich von der Apotheke holte. Als ich zurück kam, war der Mann in größter Besorgnis; es war auch höchste Zeit, daß meine Frau etwas Linderung ihrer wahnsinnigen Schmerzen bekam. Der Arzt konnte nun mit Instrumenten eingreifen und holte das Kind. Es war fast erstickt, gab aber bald ein Lebenszeichen von sich. Ein liebes Töchterchen war uns geboren. Meine Frau erholte sich langsam bei guter Pflege, und das Kind gedieh. Zu Ehren ihrer seligen Mutter gab sie ihm deren Namen „Franziska“, und ich nannte es zu Ehren der Gottheit „Irmgard“. Nach einiger Zeit fand die Taufe statt, zu der auch meine liebe Mutter als Patin eingeladen war. Die alte Großtante Rocca, die auch Patin sein sollte, blieb uns durch den Einfluß der gegnerischen Verwandten fern. Die Freundin meiner Frau, die mir auf Kurhaus Eilenriede seiner Zeit das Wiedersehen meiner Frau ermöglicht hatte, war gekommen und stand ebenfalls Pate. Außerdem waren die Hebamme und einige Bekannte zugegen; und dieses erste Familienfest verlief in froher Weise. Meine alte Tante aus Ödelum blieb fern. Sie hatte schon einige Monate früher bei uns zu Besuch geweilt und mochte eine neue Reise für zu beschwerlich halten. Es war, als sei mit dem lieben Kinde ein neuer Segen in unsere Haus eingekehrt. Die lieben Verstorbenen meiner Frau schienen als Geister um uns zu weilen. Oft wurden uns Geistmitteilungen gemacht.

Am 12. Dezember 1896 wurde meine Frau großjährig, wodurch sie endlich von dem Drucke ihres Vormundes frei wurde. Wochen vergingen jedoch, ehe ein Termin angesetzt wurde, an dem ihr Vormund mit dem Gegenvormund beim Vormundschaftsgericht in Hannover erschien und meiner Frau ihre Wertpapiere einhändigte. Ich stand draußen auf dem Korridor und sah mir diese beiden Vormünder von oben bis unten an. Ich will hier nicht schildern, was ich dabei dachte und empfand, es nur in einigen Worten zusammenfassen. Es war weniger Verachtung als tiefes Bedauern, was mich beim Anblick dieser Leute erfüllte. Meine Frau hat schweigend ihre Sachen entgegengenommen und sich still entfernt, nachdem sie sich beim Obervormundschaftsrichter zuvor noch bedankt hat für allerlei Rat und Schutz, den er ihr im letzten Jahr gegeben hatte. Warum dieser Obervormundschaftsrichter seiner Zeit dem Onkelvormund auf Antrag meiner Frau nicht die Vormundschaft entzogen hat, ist uns unaufgeklärt geblieben.

Glückliche Überwindung der letzten Unannehmlichkeiten in Hannover.

Dieser ganze Kampf mit dem Vormund hatte weiterhin das Gute für mich und meine Frau, daß er das größte Interesse für Änderung unserer bestehenden Gesetze wachgerufen hat und mich dahin führte, Skizzen und Entwürfe zu einem neuen Gesetzbuche zu machen. Nach Erledigung aller Verpflichtungen gegen den Möbelhändler und jene freundliche Jüdin, die uns mit Bargeld ausgeholfen hatte, waren wir endlich in den Besitz eines geringen Vermögens gekommen, das meine Frau von ihrer Mutter geerbt hatte. Noch einmal wurde von gegnerischen Medizinärzten in Langelsheim versucht mir einen Prozeß anzuhängen, weil ich Kranke auf Reisen behandelt hatte. Durch meines Freundes, Rechtsanwalt Dr. Fischers Verteidigung, erhielt ich Freisprechung. Ich schrieb an einem Roman und verfaßte zahlreiche Gedichte, die größtenteils meine Stimmungen aus jener Zeit schildern. Dann faßten wir den Entschluß, aus Hannover fortzuziehen. Zwei Städte standen uns in Aussicht, in denen wir uns niederzulassen gedachten: Die Kreisstadt Ülzen in der Provinz Hannover und Detmold am Teutoburger Wald. In Ülzen, wo ich außer andern zahlreichen Freunden auch den Amtsgerichtsrat Schl., dem ich einmal sein Söhnchen gerettet hatte, zu meinen Gönnern zählte, war mir Gelegenheit geboten, ein Haus zu erwerben, das ich zu einer Heil- oder Kurbadeanstalt einrichten wollte. Landschaftlich war mir jedoch die Stadt nicht zusagend, auch an Kunst und Architektur bot sie nichts. Die Menschen waren sonst rechtschaffen und entgegenkommend; doch gefiel mir der allzu starke Alkoholgenuß nicht, den ich in den Gasthäusern beobachtet hatte. Ich entschloß mich daher, Detmold als zukünftigen Wohnsitz zu erwählen. 


XXI. Kapitel.

Die Gründung eines Pensionats, eins Kurbades und einer Heilanstalt in Detmold. Eine Engelserscheinung, deren Prophezeiung und die Gunst des Detmolder Hofes.

Gegen Mitte des Winters 1897 reiste ich nach Detmold, sah mir verschiedene Häuser und Grundstücke an und fand in meinem jetzigen Besitztum, Elisabethstraße 37, nahe der Bahn, ein annehmbares und preiswertes Kaufobjekt. Ich ging zu Bürgermeister N., legte ihm meine Absichten dar und fragte an, ob mir im Fall der Gründung einer Heilanstalt nach meinem System, in dem Sinne, wie ich ihm dargelegt hatte, keine Hindernisse bereitet würden. Er antwortete mir, keinesfalls, im Gegenteil stehe er dem geplanten Unternehmen sehr sympathisch gegenüber; ich möchte nur meine Ausweispapiere dem Magistrat einreichen, und ich wäre der Genehmigung sicher. Darauf reiste ich nach Hannover zurück und besprach mit meiner Frau die Angelegenheit. Einige Zeit später reisten wir zusammen nach Detmold und sahen uns noch einmal das Grundstück an, auf das meine Wahl gefallen war. Darauf begab ich mich mit meiner Frau zu Bürgermeister N. aufs Rathaus und legte demselben meine Zeugnisse, Legitimations- und sonstigen Ausweispapiere vor. Nach Prüfung derselben riet er mir, in einer schriftlichen Eingabe an den Detmolder Magistrat die Genehmigung zu einem Kurbade einzuholen und fügte hinzu: „Zu dem Pensionat, das Sie mir ihrem Kurbade verbinden, brauchen Sie keine Einwilligung; dasselbe ist nur als einfaches steuerpflichtiges Gewerbe anzumelden.“ Darauf fragte ich, ob die Kurgäste und Patienten, welche bei mir in Behandlung seien, auch in demselben Hause bei mir Wohnung und Verpflegung haben dürften, ob das nicht etwa als konzessionspflichtige Krankenanstalt angesehen würde, wodurch mir Unannehmlichkeiten erwachsen könnten. Der Herr Bürgermeister erwiderte: „Nein!“ Ich bat ihn darauf, mir dies schriftlich zu geben, andernfalls würde ich die Konzession bei der Regierung nachsuchen.

Bürgermeister N.´s Ehrenwort wurde die Ursache der Gründung des Sanatoriumgs in Detmold.

Ich erhielt zur Antwort, er gäbe sein Ehrenwort, daß ich die Genehmigung zur Kuranstalt nur bei dem Magistrat nachzusuchen habe, daß er dieselbe befürworten würde, und er sicherte mir die Erteilung der Genehmigung zu der Anstalt zu, ich dürfe mich bestimmt darauf verlassen und solle das Haus, Elisabethstraße 37, nur ruhig ankaufen. Zu einem Krankenpensionat brauche ich keine Konzession, außerdem genehmige solche Kuransalten in Lippe nicht die Regierung, sondern der Magistrat sei dafür die entsprechende Behörde. Eine schriftliche Darlegung dieser Versicherung sei überflüssig. Wenn er als Bürgermeister mir das mündlich sage, so könne ich mich fest darauf verlassen. Ich antwortete: „Wenn ich mich fest darauf verlassen kann, was Sie sagen, dann werde ich das Grundstück kaufen, die Anstalt einrichten und Genehmigung, so wie Sie bestimmt haben, beim Detmolder Magistrat einholen.“ Meine Frau war Zeugin dieser Unterredung. Mit diesem Bescheide begab ich mich zum Verkäufer des Hauses, schloß den Kauf ab; am andern Tage wurde dieser gerichtlich eingetragen, wir reisten nach Hannover zurück und bereiteten uns auf den Umzug vor. Ein Detmolder Möbelspediteur besorgte uns den Umzug in prompter Weise noch vor dem 1. April 1897; und nun richtete ich in der ersten Etage meines Hauses meine Familienwohnung, in dem anschließenden Haus, das mit unserem durch einen Balkon verbunden war, das Pensionat ein.



Das hohe Souterrain meines Hauses wurde von der Kuranstalt eingenommen. Das Grundstück hatte ich auf den Namen meiner Gattin eintragen lassen. Frau und Kinder sollten damit ein dauerndes Heim haben, und so glaubte ich, das kleine Vermögen meiner Frau am besten angelegt zu haben. Es blieben nun nur noch wenig Barmittel übrig, die ich für Anzeigen, Herstellung von Drucksachen und Broschüren reserviert hielt.

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(Hinzugefügt)


Erstellt 1994 und September 2006. Update 21. März 2007.
© Medical-Manager Wolfgang Timm
Fortsetzung

Die  Kronen symbolisieren die höhere Natur in jedem Menschen, sein individueller potentieller innerer Adel. Jedermann ist verpflichtet seinen inneren Adel nach Albrecht Dürer und Carl Huter zu heben.
Bearbeitung: Medical-Manager Wolfgang Timm
Innere Erschließung einer höheren geistigen Welt aufgrund selbsterlebter Tatsachen